Implantate wachsen mit Adhäsionshilfen schneller ein. Die Knochenzellen nutzen die speziell strukturierten Oberflächen wie ein Klettergerüst, an dem sie entlangwachsen, wie Biophysiker aus Kaiserslautern mit 3-D-Modellen zeigen konnten.
In einer älter werdenden Gesellschaft sind Implantate in vielen Fällen notwendig, um Mobilität und Lebensqualität der Menschen zu erhalten. Allerdings sind längst nicht alle Implantationen erfolgreich, oft sind langwierige und riskante Nachbehandlungen nötig, weil beispielsweise das Implantat nicht ausreichend vom Knochen umwachsen wird. Um Zahnimplantate zuverlässiger zu machen, wird zum Beispiel deren Oberfläche aufgeraut, da die Zellen des umgebenden Knochens schneller in die vergößerte Oberfläche einwachsen können. Die zugrunde liegenden zellulären Mechanismen sind noch nicht bekannt. In einer kürzlich veröffentlichten Studie konnten Wissenschaftler der Technischen Universität Kaiserslautern erstmals Zusammenhänge zwischen einer dreidimensionalen Oberflächenstruktur und dem Zellwachstum systematisch aufzeigen. „Wenn wir verstehen, wie Zellen sich in verschieden strukturierten Umgebungen verhalten, könnte dies langfristig zu verbesserten Implantaten führen“, erläutert Biophysikerin Judith Hohmann die Motivation für die Forschungen.
Um die Wechselwirkung der Zellen besser zu verstehen, stellte die Forscherin verschiedene Strukturen mit Abmessungen weniger Mikrometer her. Dazu nutzte Hohmann die Technologie des 3D-Mikrodruckens, mit der dreidimensionale Polymerstrukturen aus einem flüssigen Ausgangsmaterial erzeugt werden können. Anschließend wurden die Strukturen mit Titandioxid beschichtet, sodass sie chemisch mit den Oberflächen von Implantaten identisch sind. Auf diesen Strukturen ließ Hohmann Zellen wachsen, die denen des menschlichen Knochengewebes sehr ähnlich sind. Sie untersuchte dann das Zellwachstum und verglich es mit dem Wachstum an unstrukturierten Oberflächen.
Die verwendeten Strukturen ähnelten in ihrer Form kleinen Klettergerüsten und wurden von den Zellen auch als solche genutzt. An den Gerüsten wuchsen die Zellen sehr viel besser als in den Kontrollexperimenten ohne strukturierte Oberflächen zur Adhäsion. Dabei haben die Zellen eine deutliche Vorliebe für bestimmte Formen und Abstände einzelner Adhäsionshilfen: Eine Veränderung der Abstände von Andockhilfen ermöglicht es, die Zellproliferation deutlich zu beeinflussen. Außerdem ist die Zellmorphologie von ihrer Umgebung abhängig. Dies lieferte einen ersten Ansatz, um das Proliferationsverhalten der Zellen auf dem künstlichen Material besser zu verstehen. Erfreulicherweise wurde die Funktionalität der Zellen nicht beeinflusst, sie sind weiterhin in der Lage, neues Knochengewebe zu bilden. Die Ergebnisse dieser Studie können zukünftig zu verbesserten Implantaten führen, die schneller vom umgebenden Knochengewebe umwachsen werden. Originalpublikation: Influence of Direct Laser Written 3D Topographies on Proliferation and Differentiation of Osteoblast-Like Cells: Towards Improved Implant Surfaces Judith K. Hohmann et al.; Advanced Functional Materials, doi: 10.1002/adfm.201401390; 2014