Der Melanocortin-4-Rezeptor-Signalweg steuert die Umwandlung weißer Fettzellen in braune. Im Mausmodell konnten Pharmakologen die Beteiligung der Enzyme PI3Kbeta und PI3Kgamma an diesem Prozess nachweisen. Deren Hemmung führt zu einer Überaktivierung des Sympathikus.
Wird der Sympathikus erregt, steigt der Energieverbrauch. Das ist ein wichtiger Ansatzpunkt für die Behandlung der Fettleibigkeit: „Wenn wir den Energieverbrauch steigern können, reduziert sich bei gleichbleibender Nahrungszufuhr das Körpergewicht automatisch“, sagt Prof. Dr. Alexander Pfeifer vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie des Universitätsklinikums Bonn.
Pfeifers Ansatzpunkt ist die Umwandlung von weißen Fettzellen in braune: weiße Fettzellen speichern ein Zuviel an Nahrungsenergie. Die braunen Fettzellen hingegen wandeln überflüssige Pfunde in Wärmeenergie um. Wenn also mehr braune Fettzellen vorhanden sind, wird insgesamt die Fettverbrennung des Körpers angeregt. Ein Wissenschaftlerteam hat nun herausgefunden, wie der Sympathikus den Energiehaushalt reguliert und für mehr Fettverbrennung sorgt. Eine wichtige Rolle spielt der Melanocortin-4-Rezeptor im zentralen Nervensystem, der als zentraler Regler sowohl den Appetit als auch den Energieverbrauch beeinflusst. „Ist die Signalkette des Melanocortin-4-Rezeptors gestört, kommt es sowohl bei Menschen als auch bei Mäusen zu starkem Übergewicht“, berichtet Pfeifer.
Der Melanocortin-4-Rezeptor-Signalweg steuert auch die Umwandlung der weißen in braune Fettzellen. So reagiert der Sympathikus zum Beispiel auf Kältestress: Droht der Körper über eine längere Zeit auszukühlen, werden Stresshormone freigesetzt. „Sie setzen wiederum eine Signalkette in Gang, die dafür sorgt, dass mehr braune Fettzellen gebildet werden. Diese Heizaggregate stabilisieren wiederum die Körpertemperatur“, nennt der Pharmakologe ein Beispiel. Das internationale Forscherteam konnte nun zeigen, dass die Enzyme PI3Kbeta und PI3Kgamma ganz wesentlich an der Steuerung durch den Melanocortin-4-Rezeptor beteiligt sind. In Mäusen schalteten die Wissenschaftler die Gene für diese beiden Enzyme stumm. In der Folge kam es zu einer Überaktivierung des Sympathikus. Dasselbe passierte, wenn PI3Kbeta und PI3Kgamma mit Wirkstoffen gehemmt wurden. Eine höhere Fettverbrennung war die Folge, weil viele weiße Fettzellen in energiezehrende braune umgewandelt wurden. Die Mäuse verloren binnen zehn Tagen rund zehn Prozent ihrer Fettmasse.
„Diese Ergebnisse legen nahe, dass die Hemmung von PI3Kbeta und PI3Kgamma ein interessanter Ansatzpunkt für die Behandlung der Fettleibigkeit sein kann“, folgert Pfeifer. Diese Ergebnisse seien bislang jedoch ausschließlich im Tiermodell bestätigt. Von einer Anwendung beim Menschen sei man noch weit entfernt. Originalpublikation: Combined inhibition of PI3Kβ and PI3Kγ reduces fat mass by enhancing α-MSH–dependent sympathetic drive Alexander Pfeifer et al.; Science Signaling, doi: 10.1126/scisignal.2005485; 2014