Infizierte intravaskuläre Zugänge sind sehr gefährlich für Patienten. Insbesondere bei zentralen Venenkathetern können sie schwerwiegende Komplikationen verursachen. Ist euer ZVK-Wissen auf dem neuesten Stand? Testet es hier!
Die Prävention katheterassoziierter Blutstrominfektionen hat einen hohen Stellenwert in der (intensiv)stationären Versorgung. Viele Infektionen sind vermeidbare Komplikationen, die durch sorglosen Umgang bzw. mangelhaftes Wissen entstehen. Die Identifikation abteilungsspezifischer Probleme und Schwachstellen stellt eine Möglichkeit dar, das Risiko für katheterassoziierte Infektionen zu reduzieren.
Multimodale Maßnahmenbundles zur Überwachung der Compliance, sowie zur Übermittlung und Festigung von notwendigem Wissen sind in der Lage, die theoretische und praktische Kompetenz interprofessioneller Teams zu steigern und damit die Patientensicherheit zu erhöhen.
Katheterassoziierte Blutstrominfektionen stellen weiterhin eine große Gefahr für Patienten da. Insbesondere zentrale Venenkatheter (ZVK) sind häufig Ursache für schwerwiegenden Komplikationen. Etwa jeder tausendste ZVK-Tag verursacht eine katheterassoziierte Sepsis. Viele dieser Infektionen wären vermeidbar und sind ursächlich in zu sorglosem Umgang und mangelhaftem Wissen des Personals zu suchen. Insbesondere auf Intensivstationen besteht wegen der einerseits vulnerablen Patientengruppe und andererseits wegen der hohen ZVK-Anwendungsrate ein erhöhtes Risiko für katheterassoziierte Infektionen. Dieses gilt es unter allen Umständen zu vermeiden. Wie man Handlungssicherheit und Wissenszuwachs überwachen und generieren kann lest ihr hier.
Um das Risiko einer katheter- und insbesondere einer ZVK-assoziierten Sepsis zu reduzieren, wurde im Rahmen eines Projektes zur Surveillance der Verbandwechsel von zentralen Venenkathetern ein mehrstufiges Maßnahmenbundle durchgeführt. Ziel dessen war die Steigerung des Wissens zur Prävention von ZVK-assoziierten Infektionen und der Handlungssicherheit im Umgang mit zentralen Venenkathetern. Die Zielgruppe bestand aus dem pflegerischen und ärztlichen Personal der Intensivstation der Klinik. Das Projekt lief über sechs Monate, Ziele waren die Compliance-Beobachtung von mindestens 15 ZVK-Verbandwechseln, die Schulung aller Mitarbeiter, sowie die Überprüfung eines Lernzuwachses mittels schriftlicher Wissenstandserhebung zu Beginn und am Ende des Projektes.
Die Intensivstation auf der dieses Projekt durchgeführt wurde, verfügt über sechs Betten mit fünf Beatmungsmöglichkeiten. Insgesamt kommt die Station jährlich auf etwa 2.000 Patiententage. Die Patientenbelegung ist interdisziplinär. Die ärztliche Verantwortung liegt bei der Klinik für Anästhesie des Krankenhauses. Das gesamte ärztliche Personal der Intensivstation besteht aus Fachärzten für Anästhesie, teilweise mit der Zusatzbezeichnung spezielle Intensivmedizin. Das pflegerische Team ist zu ca. 50 % fachweitergebildet. Der Altersdurchschnitt ist mit über 50 Jahren recht hoch, die durchschnittliche Berufserfahrung beträgt knapp 20 Jahre.Im Vorjahreszeitraum des Projektes konnten ca. 450 ZVK-Tage verzeichnet werden, diese Zahl reduzierte sich im Projektzeitraum auf knapp 300.
1) Multiple-Choice-Tests zur Wissenstandserhebung
Zu Beginn und am Ende des Projektzeitraumes wurde eine Wissenstandserhebung mittels eines Multiple-Choice-Tests mit neun Fragen zum Thema Prävention katheterassozierter Infektionen durchgeführt. Beide Tests waren identisch aufgebaut, sodass ein direkter Vergleich vollzogen werden konnte. Die Fragen des Tests orientierten sich an einer Untersuchung zum Thema „Defizite bei der Prävention der ZVK-assoziierten Sepsis: Wissenslücken oder Complianceprobleme?“ des Institutes für Hygiene und Umweltmedizin, der Charité – Universitätsmedizin Berlin und Nationales Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen (NRZ).
Ihr denkt, ihr wisst alles über Prävention der ZVK-assoziierten Sepsis? Testet euch:
2) Poster mit den wichtigsten Fakten
An zentralen Orten der Station wurde ein DIN A3 großes Poster mit den wichtigsten Fakten zur Prävention ZVK-assoziierter Infektionen aufgehangen. (Abb.1) Neben den Computerarbeitsplätzen der Pflege waren dies die Lagerstellen für ZVK-Materialien, sowie das BGA-Gerät. Während des Wartens auf die Ergebnisse der Blutgasanalyse hatten die Mitarbeiter somit die Möglichkeit die Inhalte zu verinnerlichen.
3) Schulungsskript
Während auf den Postern nur stichpunktartig Informationen zur Verfügung gestellt wurden, erhielten alle Mitarbeiter des Projektes ein Schulungsskript mit ausführlicheren Informationen zur Prävention von katheterassoziierten Infektionen auf Basis der RKI-Empfehlung „Prävention von Infektionen die von Gefäßkathetern ausgehen“.
4) Vortrag
Im Rahmen einer Teambesprechung erfolgte zudem ein Vortrag durch die hygienebeauftragte Fachpflegekraft der Intensivstation. Der Vortrag war die einzige Schulungsmaßnahme, die nicht alle Mitarbeiter erreichte, da nicht alle an der Besprechung teilnehmen konnten.
5) Complianceuntersuchung ZVK-Verbandwechsel
Mittels eines durch die leitende Hygienefachkraft erstellten Protokolls führte die hygienebeauftragte Fachpflegekraft der Intensivstation 20 Compliance-Beobachtungen von ZVK-Anlagen, sowie Verbandwechseln durch. Die Ergebnisse wurden anonym protokolliert und statistisch ausgewertet, um mögliche Schwachstellen und Defizite zu identifizieren.
Tabelle 2: Protokoll zur systematischen Verbandwechsel-Compliance-Beobachtungen
Ergebnisse
Die durchgeführten Tests konnten einen Wissenszuwachs belegen. Am Test zu Projektbeginn nahmen 24 Mitarbeiter teil, am Projektende 21. Der bereits sehr hohe Wissensstand konnte gefestigt bzw. ausgebaut werden. Bei zwei Fragen wurde eine leichte Verschlechterung verzeichnet, einer dieser Fragen zielte jedoch auf die maximale Zeit zwischen Richtung und Verabreichen von Mischinfusionen ab. Dort wurde ein kürzeres Intervall als gemäß RKI-Empfehlung vorgesehen als korrekt angesehen. Diese falsche Beantwortung der Frage bzw. dieses Unwissen führt also zu keiner hygienischen Verschlechterung, eher das Gegenteil ist zu postulieren.
Wann sollte ein ZVK gewechselt werden?
Tabelle 3: Ergebnisse der Multiple-Choice-Tests
2) Complianceuntersuchung ZVK-Verbandwechsel
Die Complianceuntersuchung der ZVK-Verbandwechsel führte ebenfalls zu guten Ergebnissen. Es konnten wenige Schwachstellen identifiziert werden, auf welche in zukünftigen Schulungen besonderes Augenmerk gelegt wird. (Tabelle 4) Hochkritische Situationen wie die hygienische Händedesinfektion, sowie der korrekte Umgang mit sterilen Materialien wurden zu 100 % eingehalten bzw. durchgeführt. Nebenbefundlich ist aufgefallen, dass das bislang genutzte Produkt zu Abdeckung der zentralen Venenkatheter nicht die erwartete Haltbarkeit aufweist und sich häufig ablöst, was einen weiteren Verbandwechsel und damit eine weitere Manipulation am ZVK nach sich zieht. In Folge dessen wurde das Produkt gewechselt.
Tabelle 4: Ergebnisse der systematischen Verbandwechsel-Compliance-Beobachtungen
Auch in erfahrenen Intensivteams mit hohem Wissensstand ist die Gefahr von katheterassoziierten Infektionen allgegenwärtig. Durch gezielte Surveillance und Schulungsmaßnahmen lässt sich weitere Handlungssicherheit und weiterer Wissenszuwachs generieren und damit eine Steigerung der Patientensicherheit und eine Reduktion von potentiell kritischen Komplikationen erzielen.
Die Verhinderung vermeidbarer katheterassoziierte Infektionen ist eine maßgebliche Aufgabe pflegerischer und ärztlicher Mitarbeiter auf Intensivstationen. Insbesondere in Zeiten immer weiterer Arbeitsverdichtung und Personalknappheit muss die Wichtigkeit des korrekten Umganges mit Kathetern bekannt, sowie der stets aktuelle Wissensstand gewährleistet sein.
Quellen:
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Bildquelle: National Cancer Institute, unsplash