Bisher wurde angenommen, dass zirkulierende Tumorzellen (CTC) kontinuierlich von wachsenden Tumoren oder als Folge von mechanischen Einwirkungen wie z. B. operativen Eingriffen freigesetzt werden.1
Eine Forschungsgruppe aus Zürich fand nun heraus, dass die Metastasierung beim Mammakarzinom vorwiegend im Schlaf stattfindet. Dabei untersuchten sie zunächst Tumorzellen im Blut von Patientinnen mit Brustkrebs sowie später in verschiedenen Mausmodellen.1
Die Studienergebnisse zeigen, dass der Zeitpunkt der Entnahme von Tumor- und Blutproben den Befund deutlich beeinflussen kann. Diese Erkenntnis sollte in der Praxis bedacht werden, um eine Verzerrung der Ergebnisse zu verhindern.1
Zudem könnte in der Zukunft für den Erfolg von Krebstherapien entscheidend sein, zu welcher Tageszeit sie verabreicht werden. Um allerdings herauszufinden, wie diese neuen Informationen in bestehende Therapien miteinfließen können, werden weitere Untersuchungen, auch für andere Krebsarten, benötigt.1
Von 30 Patientinnen mit Mammakarzinom wurden Blutproben um 4 Uhr nachts (Schlafphase) und um 10 Uhr morgens (Wachphase) desselben Tages entnommen. Bei 21 dieser Patientinnen wurde Brustkrebs im Frühstadium diagnostiziert (keine Metastasen), bei 9 Patientinnen wurde zum Zeitpunkt der Blutentnahme eine metastasierte Erkrankung im Stadium IV festgestellt. Die meisten CTCs (78,3 %) wurden in den nächtlichen Proben aus der Schlafphase gefunden.1
Um den Befund aus den menschlichen Blutproben genauer zu ergründen, untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler 4 verschiedene Mausmodelle, die entweder genetisch verändert waren, sodass sie an Brustkrebs erkrankten, oder denen sie menschliche Brustkrebszellen injizierten.
In Übereinstimmung mit den Ergebnissen der Patientinnen bildeten sich auch bei den Mäusen die CTCs vermehrt in der Schlafphase1 – jedoch tagsüber, da der zirkadiane Rhythmus bei Nagetieren im Vergleich zum Menschen entgegengesetzt ist.2
Der zirkadiane Rhythmus scheint eine bedeutende Rolle zu spielen. Deshalb untersuchten die Autorinnen und Autoren auch die CTC-Konzentrationen bei gestörten Schlaf-Wach-Rhythmen – so wurde z. B. das Hormon Melatonin verabreicht und die Lichtzyklen verändert. Diese Bedingungen führten ebenfalls zu einem erhöhten CTC-Spiegel in der Blutbahn der Mäuse.
Darüber hinaus injizierten die Forschenden gesunden Mäusen in verschiedenen Phasen des zirkadianen Zyklus CTCs aus der Ruhe- und aus der Wachphase. Dabei bildeten die Zellen aus der Ruhephase aggressivere Tumore als die Zellen aus der Wachphase. Außerdem war bei einer Injektion von CTCs die Tumorbildung in ruhenden Mäusen wahrscheinlicher als bei den aktiven Tieren.1