Obdachlose leiden häufiger unter psychischen und körperlichen Erkrankungen – das wissen und sehen wir alle. Trotzdem gibt es dazu bisher kaum Daten. Das ändert jetzt eine Hamburger Studie.
Eine Studie von Wissenschaftlern des Instituts für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) liefert erstmals Daten zum Gesundheitszustand und der medizinischen Versorgung von wohnungslosen Menschen in Deutschland. Demnach leiden wohnungslose Menschen häufiger als die Allgemeinbevölkerung an somatischen und psychischen Erkrankungen. Im Vordergrund stehen Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und des Stoffwechsels. Hinsichtlich der vorliegenden psychischen Erkrankungen scheinen insbesondere Suchterkrankungen eine wichtige Rolle zu spielen. Die Migrationshistorie der Studienteilnehmer wurde zudem als wichtiger Faktor für Gesundheit und Versorgung identifiziert.
Der Gesundheitszustand wohnungsloser Menschen in Deutschland und international ist in der Forschung bislang nur lückenhaft beschrieben worden. In ihrer nationalen multizentrischen Querschnittsstudie haben die UKE-Wissenschaftler 651 wohnungslose Menschen in den Metropolregionen Hamburg, Frankfurt, Leipzig und München untersucht. Fragebögen, laborchemische und klinische Untersuchungen bestätigen das zumeist häufigere Vorliegen von psychischen und körperlichen Erkrankungen bei wohnungslosen Menschen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung.
Besonders häufig zeigten sich Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und des Stoffwechsels. „Darüber hinaus berichteten rund 23 Prozent der Studienteilnehmenden von einer ärztlich diagnostizierten psychischen Erkrankung. Bei rund 70 Prozent der wohnungslosen Menschen gab es zudem Hinweise auf das Vorliegen einer möglichen unbekannten psychischen Erkrankung“, erläutert Studienleiter Fabian Heinrich vom Institut für Rechtsmedizin des UKE. Die Studienteilnehmer wurden außerdem nach ihrer Migrationshistorie befragt. Allgemein sind wohnungslose Menschen nicht deutscher Herkunft häufiger ohne Obdach und ohne Krankenversicherung, Menschen aus dem EU-Ausland weisen zudem häufiger körperliche Erkrankungen auf. Psychische Erkrankungen treten wiederum eher unter wohnungslosen Menschen auf, die in Deutschland geboren wurden.
„Unsere Studie unterstreicht die Vulnerabilität wohnungsloser Menschen in Deutschland und legt einen ungedeckten Bedarf an psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlungsangeboten nahe. Programme zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung wohnungsloser Menschen sollten insbesondere wohnungslose Migrant:innen berücksichtigen“, sagt Studienleiterin Franziska Bertram.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des UKE. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Mihály Köles, unsplash