Forscher haben nun ein neues CRISPR-System entdeckt, das DNA zerstört, um infizierte Zellen auszuschalten. Lest hier mehr dazu.
Es ist eine unerwartete Entdeckung, die Wissenschaftler des Helmholtz-Instituts Würzburg gemacht haben: Sie haben eine Nuklease, genannt Cas12a2, gefunden, die eine gänzlich neue Art der CRISPR-Immunabwehr darstellt. Im Gegensatz zu jeder anderen bisher bekannten Nuklease des CRISPR-Cas-Immunsystems zerstört Cas12a2 die DNA, um eine infizierte Zelle abzuschalten. Die Erkenntnisse könnten neue CRISPR-Technologien unter anderem für die molekularbiologische Diagnostik hervorbringen und wurden in dem Fachmagazin Nature veröffentlicht, begleitet von einer weiterführenden strukturellen Analyse.
Bakterielle Abwehrsysteme wie CRISPR-Cas verfügen über verschiedene Proteine und Funktionen, die den Bakterien helfen, sich gegen fremde Eindringlinge zu schützen. Die Abwehr basiert auf einem gemeinsamen Grundmechanismus: Eine CRISPR-Ribonukleinsäure (crRNA), die als „Leit-RNA“ dient, hilft dabei, Regionen eines fremden Genoms, etwa die DNA eines Virus, zu erkennen, um sie gezielt unschädlich zu machen. Die von einer crRNA geleitete Nuklease (Cas) kann ihr Ziel wie eine Schere zerschneiden: eine Strategie der Natur, die sich der Mensch technologisch auf vielfältige Weise zunutze gemacht hat.
„Wenn man bedenkt, wie gut verschiedene Nukleasen in neue und verbesserte Technologien umgesetzt wurden, dann könnte jede Entdeckung auf diesem Gebiet neuen Nutzen für die Gesellschaft bringen“, beschreibt Chase Beisel eine Forschungsmotivation seines Labors am Würzburger Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI).
„Wir haben CRISPR-Nukleasen erforscht, die ursprünglich unter Cas12a subsumiert wurden, also unter Nukleasen, die Bakterien vor Eindringlingen schützen, indem sie invasive DNA erkennen und spalten. Als wir jedoch mehr von diesen Nukleasen identifiziert hatten, zeigten sich so viele Unterschiede, dass es sich lohnte, tiefer in die Materie einzusteigen”, berichtet Oleg Dmytrenko, Erstautor der Studie. „Dabei entdeckten wir, dass sich diese Nukleasen, die wir Cas12a2 nannten, nicht nur ganz anders verhalten als Cas12a, sondern auch als jede andere bekannte CRISPR-Nuklease.“
Der entscheidende Unterschied: Wenn Cas12a2 invasive RNA erkennt, spaltet die Nuklease diese, kann aber auch andere RNA und DNA in der Zelle schädigen. Das beeinträchtigt deren Wachstum und dämmt die Infektion ein. Grundsätzlich seien solche abortiven Infektionsabwehrstrategien (Abi) von Bakterien bereits bekannt, meint HIRI-Postdoc Dmytrenko. Auch einige andere CRISPR-Cas-Systeme funktionierten auf diese Weise. „Ein CRISPR-basierter Abwehrmechanismus, der sich auf eine einzige Nuklease stützt, um den Eindringling zu erkennen und zelluläre DNA und RNA abzubauen, wurde jedoch noch nie beobachtet“, sagt der Wissenschaftler.
Die Proteinsequenz und -architektur von Cas12a2 unterscheiden diese Nuklease von Cas12a. Aktiviert durch eine Protospacer-flankierende Sequenz (PFS), erkennt Cas12a2 Ziel-RNAs, die komplementär zu seiner Leit-RNA sind. Das Abzielen auf die RNA löst eine kollaterale Nukleinsäurespaltung aus, die RNA, einzelsträngige DNA und doppelsträngige DNA abbaut. Diese Aktivität führt zu einem Zellstillstand, vermutlich durch die DNA- und RNA-Schäden, die das Wachstum beeinträchtigen. Cas12a2 kann für die molekulare Diagnostik und den direkten Nachweis von RNA-Biomarkern verwendet werden, wie der Machbarkeitsbeweis ergeben hat.
In der weiterführenden strukturellen Analyse der Nuklease durch ein zweites Team, erschienen in derselben Ausgabe von Nature, hat sich in verschiedenen Phasen der Immunabwehr gezeigt, dass Cas12a2 nach der Bindung an ihr RNA-Ziel ihre Struktur stark verändert. Das wiederum führt zu einer freiliegenden Spalte in der Nuklease, die jede Nukleinsäure, auf die sie trifft, zerkleinern kann – sei es RNA, einzelsträngige DNA oder doppelsträngige DNA. Bei den Untersuchungen wurden auch Möglichkeiten entdeckt, Cas12a2 zu mutieren, um die Nukleinsäure zu verändern, die die Nuklease nach Erkennung ihres RNA-Ziels abbaut. Diese Spezifika eröffnen für die Zukunft einen potenziell breiten technologischen Einsatz.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung. Die Originalpublikation findet ihr hier sowie hier und im Text.
Bildquelle: Paul Felberbauer, unsplash