Kämpft ein Patient mit juckendem Hautausschlag, sollten Ärzte auch an eine Kontaktallergie denken. Welche Allergene ihr bei der Spurensuche nicht übersehen dürft, erfahrt ihr hier.
Es gibt viele verschiedene Produkte, die wir täglich verwenden, ohne uns darüber bewusst zu sein, dass sie möglicherweise gesundheitsschädlich sind. Dazu gehören Kosmetika wie Lippenpflegeprodukte, Gesichtscremes und Deodorants, derer Nutzen zu Kontaktallergien führen können.
Die häufigsten Kontaktallergien, die wir beobachten, entstehen an den Händen (durch Handcremes), Achseln (durch Deos) und im Bereich von Tätowierungen. Bei Kontaktallergien stehen vor allem Konservierungsstoffe wie Isothiazolinone unter Verdacht, die als Bestandteile von Kosmetika in der EU weitgehend verboten wurden.
Um den Mechanismus einer Kontaktallergie nachzuvollziehen, ist es wichtig, einen Blick auf die Pathophysiologie zu werfen: Die Kontaktallergie ist eine Typ-IV Allergie. Das bedeutet, dass keine IgE-Antikörper, sondern sensibilisierte T-Lymphozyten aktiviert werden. Diese Sensibilisierung entsteht immer nach vorausgehendem Kontakt – das heißt, dass eine Allergie gegen eine Substanz erst entstehen kann, wenn der Körper schon einmal Kontakt dazu hatte.
Im Rahmen der Abwehr gegen das Allergen werden Lymphokine freigesetzt, die über eine Makrophagenaktivierung eine Entzündungsreaktion hervorrufen. Diese äußert sich durch eine unscharf begrenzte makulopapulären Rötung mit Juckreiz. Um die allergene Stelle herum zeigen sich Streuherde, da die Allergene in der Haut weiter abtransportiert werden. Eine wichtige Differenzialdiagnose ist das irritativ-toxische Kontaktekzem, das sich jedoch scharf darstellt und zusätzlich auch Schmerzen verursachen kann. Auch wichtig ist, zu betonen, dass eine Kontaktallergie als Spät-Typ zu keinen lebensbedrohlichen Reaktionen wie Atemnot oder Schwellungen im Oropharynx führt.
Es gibt einige Faktoren, die das Risiko von Kontaktallergien erhöhen können, wie zum Beispiel das Vorliegen von Atopien (z. B. Asthma oder Neurodermitis), häufiger Kontakt mit potenziell allergenen Substanzen und individuelle Faktoren wie Alter und Geschlecht. Hausärzte sollten auf typische Anzeichen von Kontaktallergien achten und gegebenenfalls eine Überweisung an einen Dermatologen in Betracht ziehen. Symptomsignale für Kontaktallergien sind zum Beispiel Rötungen, Schwellungen, Juckreiz und Hautausschläge, die in unmittelbaren Zusammenhang mit einem Allergen gesetzt werden können.
Ist das Handgelenk betroffen, ist es womöglich die Uhr. Liegt im Bauchbereich eine Rötung vor, kann es der Metallknopf der Hose sein, oder aber der Metallgürtel. Hautveränderungen an den Ohrläppchen sind häufig Ursache einer Nickelallergie, aber auch andere Metalle können verantwortlich sein. Irritationen und kleine erythematöse Papeln am Hals oder an den Achseln weisen auf eine Allergie gegenüber Parfüm oder Deodorant hin.
Schauen wir uns nun mögliche Hautreaktionen im Bereich der Nägel an. Kunstnägel aus Acryl können bei manchen Menschen allergische Reaktionen auslösen. Das in Acrylnägeln enthaltene 2-HEMA-Monomer kann lokale Hautausschläge oder systemische Reaktionen verursachen. Es ist jedoch wichtig, zu beachten, dass Acryl auch in anderen Bereichen der Medizin verwendet wird, beispielsweise in Kunststofffüllungen für Zähne, Knochenzement, Hörgeräten und weichen Kontaktlinsen. Allergische Reaktionen auf Zahnfüllungen hören zwar auf, sobald alle Monomere polymerisiert sind, können jedoch in diesem Zeitraum sehr stark sein.
Acrylate wie Isoboronylacrylat (IBOA) werden auch in vielen medizinischen Geräten eingesetzt und können bei Patienten kontaktallergische Reaktionen verursachen. Es ist wichtig, dass medizinisches Fachpersonal auch auf mögliche Spätreaktionen achtet und dass Geräte nicht pauschal als Allergenquelle ausgeschlossen werden – selbst, wenn ein negativer Test auf IBOA vorliegt. In manchen Fällen können andere Bestandteile von medizinischen Geräten oder Implantaten ebenfalls allergische Reaktionen auslösen, wie beispielsweise Metalle in implantierten Messsensoren, Legierungen in intrauterinen Devices und Polymere in Koronarstents.
Auch neue Konservierungsstoffe wie Chlorphensin, ein synthetisches Phenol, das als Konservierungsmittel und Antiseptikum in verschiedenen Kosmetikartikeln vorkommt, können zu Allergien mit Hautausschlägen, Juckreiz und Rötungen führen. Chlorphensin kann sogar in das Gewebe gelangen und dort erbgutverändernd wirken.
Außerdem gibt es noch indirekte Gefahren. So darf das für Kosmetika verbotene Benzisothiazolinon weiter in Verpackungsmaterial enthalten sein – und gelangt womöglich auf diese Weise ins Produkt.
Bei jedem Verdacht auf eine allergische Reaktion sollte eine Überweisung zur allergologischen Sprechstunde stattfinden. Im Verlauf erfolgt ein Epikutantest, bei dem auf dem Rücken des Patienten die möglichen Allergene als Pflaster aufgeklebt werden. Die allergische Reaktion wird innerhalb von drei Tagen abgelesen. Bei positiven Befunden erhält der Patient einen Allergiepass und sollte darauf hingewiesen werden, die Inhaltsstoffe möglichst zu meiden.
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