Seltene Krankheiten werden oft vererbt. Doch in der derzeitigen Pränataldiagnostik rutschen sie oft durchs Raster. Eine Studie nimmt nun erstmals die RNA-Sequenzierung von Fruchtwasserzellen unter die Lupe.
Ein klinisches Forschungsteam der Abteilung für Kinder- und Jugendmedizin und der Abteilung für Geburtshilfe und Gynäkologie der University of Hong Kong (HKUMed) stellt die erste Proof-of-Concept-Studie vor, die den potenziellen klinischen Nutzen der RNA-Sequenzierung von Fruchtwasserzellen nachweist. Das soll eine bessere Pränataldiagnostik ermöglichen, um mehr Familien mit einem maßgeschneiderten klinischen Management zu helfen. Die Ergebnisse wurden in npj Genomic Medicine veröffentlicht.
Seltene Krankheiten sind in der Regel genetisch bedingt. Die Identifizierung der genetischen Ursache seltener Krankheiten kann eine genaue Beratung für eine bessere klinische Behandlung und Schwangerschaftsplanung ermöglichen. Die derzeitigen Technologien der Pränataldiagnostik sind weitgehend DNA-basiert, wobei ein großer Teil (60–70 %) an Erkrankungen nicht diagnostiziert wird. Das führt zu ärztlicher Unsicherheit und elterlichen Ängsten.
Kürzlich wurde festgestellt, dass die RNA-Sequenzierung die diagnostische Ausbeute um 10 % bis 36 % erhöht, doch keine dieser Studien konzentrierte sich auf die pränatale Diagnose. Darüber hinaus gibt es zwar eine etablierte große Datenbank, die das Genexpressionsprofil verschiedener Gewebe für Erwachsene katalogisiert, aber es fehlt ein ähnlicher öffentlich zugänglicher Datensatz für Fruchtwasserzellen, der das embryologische und fötale Stadium widerspiegelt. Weitere Studien und Forschungen zur RNA-Sequenzierung im pränatalen Bereich sind daher notwendig.
Das Forschungsteam demonstrierte den potenziellen klinischen Nutzen der RNA-Sequenzierung von Fruchtwasserzellen. Durch RNA-Sequenzierung von mehr als 50 Fruchtwasserproben wurde eine Basislinie für das Genexpressionsprofil von Fruchtwasserzellen erstellt. Die Erstellung eines Genexpressionsprofils ist ein wesentlicher Schritt bei der Anwendung der RNA-Sequenzierung im Rahmen der derzeitigen ausgewählten klinischen Diagnoseverfahren.
Die Forscher fanden heraus, dass die Anzahl der gut exprimierten Gene in Fruchtwasserzellen vergleichbar war mit anderen klinisch zugänglichen Geweben, die üblicherweise für die genetische Diagnose in verschiedenen Krankheitskategorien verwendet werden. Das Team verglich auch die RNA-Sequenzierungsdaten von vier betroffenen Föten mit strukturellen angeborenen Anomalien mit der etablierten Basislinie, um mögliche Ausreißer zu erkennen. In Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München wurde eine Bioinformatik-Pipeline angepasst, um die Erkennung von Ausreißern für die anschließende Analyse zu verbessern. Eine weitere eingehende Kuration zeigte, dass Ausreißer in Genen identifiziert werden können, die mit den entsprechenden strukturellen kongenitalen Anomalien bei allen vier betroffenen Föten in Verbindung stehen. Die Identifizierung der Ausreißer liefert mehr Beweise auf RNA-Ebene, um die Diagnose zu unterstützen.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der University of Hong Kong. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Yingchih, Unsplash