Roman, Serie, Film: Ärzte sind auch in der Welt der Fantasie oft Helden. Eine kleine – und sehr subjektive – Auswahl unserer Lieblingsfilmärzte lest ihr hier.
Ärzte aller Arten sind beliebte Figuren in fiktionalen Werken, sei es in der Literatur – nicht ohne Grund gibt es mit dem Arztroman sogar einen eigenen Begriff für das Genre – oder in Serien und Filmen. Und genau die sollen an dieser Stelle Thema sein, angeregt durch ein aktuelles Feature im BMJ. Um den Rahmen nicht zu sprengen, beschränkt sich dieser Text auf das Medium Film; denn selbst wer nur ab und zu durchs Fernsehen zappt oder bei einem der vielen Streamingdienste reinschaut, weiß, wie überwältigend groß die Zahl der Arztserien ist. Da wäre mindestens (!) ein weiterer Beitrag drin.
Zwei weitere Anmerkungen: Zum einen ist die hier präsentierte Auswahl eine rein subjektive und keinesfalls vollständige Sammlung. Es ist gut möglich, dass die Autorin sich selbst in einigen Tagen ärgern wird, weil sie jemanden vergessen hat. Wir freuen uns also auf eure ergänzenden Kommentare! Zum anderen werden Ärzte, die keine oder kaum eine tatsächlich medizinische Tätigkeit im Film ausüben, ausgeklammert. Lobende Erwähnungen gehen an dieser Stelle zum Beispiel an Dr. Richard Kimble (Gefäßchirurg, Auf der Flucht, Harrison Ford), Dr. William Harford (Allgemeinmediziner, Eyes Wide Shut, Tom Cruise), Dr. Kaufmann (Bond’scher Chakra-Folterarzt, Der Morgen stirbt nie, Vincent Schiavelli), Dr. Hannibal Lecter (Psychiater, Das Schweigen der Lämmer, Anthony Hopkins), Doc Holliday (schießwütiger Zahnarzt, Faustrecht der Prärie, Victor Mature), Dr. Peter Silberman (Kriminalpsychologe, Terminator, Earl Boen), Dr. Juri Schiwago (Allgemeinmediziner, Doktor Schiwago, Omar Sharif), Dr. Dana Scully (FBI-Rechtsmedizinerin, Akte X, Gillian Anderson) und Dr. Harleen Quinzel (Psychotherapeutin, Birds of Prey, Margot Robbie). Jetzt aber ran ans Popcorn – hier kommen die Filmärzte.
Basierend auf der Autobiografie eines US-Arztes, erzählt dieser Film die Lebensgeschichte von Hunter Adams, genannt Patch. Robin Williams schlüpft in die Rolle des Mediziners, der gegen ein starres und menschenfernes Gesundheitssystem rebelliert. Gemäß dem Motto „Lachen ist die beste Medizin“ wendet er sich Patienten mit Humor und Aufmerksamkeit zu und betont die Bedeutung eines erfüllten Lebens – auch im Angesicht schwerster Krankheit. Das Ganze ist sehr ergreifend und emotional inszeniert und war dem Mainstream-Kino seinerzeit damit zu kitschig. Die Tragikomödie erntete miese Kritiken, Hauptdarsteller und Musik waren aber auch für Golden Globe und Oscar nominiert (die sie nicht gewannen).
Inzwischen hat der Film sich zum Publikumsliebling gemausert und im echten Leben beziehen sich heute Vereine wie die Rote Nasen Clowndoctors und Aktionen wie der Red Nose Day auf Ideen, die Patch Adams vertritt. Beispielweise, die Kraft des Lachens als Ausdruck der Lebensfreude nicht zu unterschätzen, auch dann nicht, wenn es um schwere Erkrankungen wie Krebs oder Depression geht. Traurige Aktualität gewann der Film dann im August 2014, nachdem Hauptdarsteller Williams sich – wie es auch sein fiktives Gegenstück versucht hatte – das Leben nahm. Ein Zitat, was ihm zugeschrieben wird, rückt sein Lebenswerk in ein ähnliches Licht wie das des Filmarztes: „Ich glaube, die traurigsten Menschen versuchen immer alles, um andere glücklich zu machen, weil sie wissen, wie es ist, sich absolut wertlos zu fühlen und nicht wollen, dass andere sich auch so fühlen.“
Stone, ein junger, aufstrebender Chirurg aus Washington DC, landet ein Vorstellungsgespräch bei einem bekannten Schönheitschirurgen in, wo sonst, Beverly Hills. In der wunderbaren Eröffnungssequenz, die den Film als spätes Kind der 80er markiert, düst Michael J. Fox in seinem Porsche-Oldtimer (56er Speedster, wie betont wird) zu „The One and Only“ über die US-Highways – und von dort in einen Zaun, als er Kühen auf einer Landstraße ausweichen will. Zu seinem Pech beschädigt er damit Eigentum eines Richters und wird zu Sozialarbeit im örtlichen Krankenhaus verdonnert. Während er also Stunden schrubbt und auf die Reparatur seines Porsches wartet, betreut Stone die verschrobenen, aber durchaus charmanten Bürger von Grady, einer Kleinstadt bei South Carolina (sehr weit ist der gute Mann auf seinem Weg nach LA also nicht gekommen). Der ortsansässige Arzt traut ihm erst nicht viel zu, was sich aber ändert, als Stone ihn vor einem Herzinfarkt rettet.
Natürlich darf auch die Romantik nicht zu kurz kommen: Der junge Arzt bandelt mit Krankenwagenfahrerin Lou an. Nach Irrungen um die Bürgermeisterwahl, einer Dreiecksgeschichte und enttäuschter Liebe, will Stone dann nachts endlich Richtung Westen türmen, wird aber an der Straße von einem verzweifelten Vater in spe angehalten, dessen Frau im Auto in den Wehen liegt. Zögerlich entscheidet Stone sich für sein ärztliches Gewissen und betreut die Geburt – als sein frisch reparierter Porsche von einem LKW gerammt wird. Die Bürger von Grady haben Mitleid mit ihm und sammeln für ein Flugticket, endlich geht’s nach Beverly Hills. Dort angekommen fühlt der junge Arzt sich in der hohlen Welt der Schönheitschirurgie aber unerfüllt und reist, wie könnte es anders sein, zurück Richtung Kleinstadtromantik und Versöhnung mit der Liebsten. So schön kann das Landarztleben sein.
Wir bleiben bei den Chirurgen: Strange ist präzise, intelligent, erfolgreich – und ein Arschloch. Diese Kombi spielt wohl kaum jemand so genussvoll wie Benedict Cumberbatch, der den Arzt im gleichnamigen Marvelfilm (und seinen Nachfolgern), verkörpert. Wir lernen Strange bei einer OP kennen. Das ist nett gemacht, es wird brav eingewaschen, in Nahaufnahmen gemeinsam Schutzkleidung angelegt und Besteck vorbereitet. Er hat neben dem offenbar recht komplizierten Eingriff, den auch einige Studenten beobachten, noch Muße, einen Vortrag über die im Hintergrund laufende Musik zu halten.
Später rauscht er im Lamborghini mit Smoking zu einer Veranstaltung. Es ist gar nicht so wichtig, wo er eigentlich hinwill, denn auf der Fahrt ist er von einem medizinischen Problem abgelenkt, was er parallel lösen möchte, und baut einen schweren Unfall. Er überlebt, aber die Motorik seiner Hände ist stark eingeschränkt; es vergehen Wochen, bis er sie überhaupt wieder bewegen kann. Außerdem hat sich ein leichter Tremor eingestellt – Schluss mit präziser Chirurgie. Strange probiert daraufhin alles mögliche und landet schließlich (als eingefleischter Wissenschaftsfreund sehr widerstrebend) beim Okkulten. Und weil das nun mal eine Comic-Verfilmung ist, hat er damit Erfolg, wird, verkürzt ausgedrückt, zu einer enorm wichtigen Figur für alle Magier und Esoteriker im Marvel-Universum und rettet – in einer oft zitierten und sehr unterhaltsamen Zeitschleife-Sequenz – natürlich auch die Welt.
Zwischendurch kehrt er in sein früheres Krankenhaus zurück, wo er Astralkörpererfahrungen macht, sein Love Interest erschrickt und versucht, seine Mentorin zu retten. Der Überflieger, der vom hohen Ross gestoßen wird und sich reumütig dem Guten zuwendet, ist ein beliebtes Motiv. Zum Glück darf Strange sich aber hier und in den Folgefilmen einen Hauch Arroganz bewahren. Man ist ja schließlich immer noch Chirurg.
Wohl jeder Tierarzt hat sich in seiner Laufbahn mal gewünscht, mit seinen Patienten reden zu können. Dolittle kann genau das und merkt das schon als Junge. Seiner Familie ist das aber nicht geheuer, selbst ein Exorzist wird bemüht. Dolittle soll die Stimmen, die er hört, ignorieren. Das gelingt ihm immer besser und bald spricht er nicht mehr mit Tieren. Er wird erwachsen und ein erfolgreicher Arzt.
Als er eines Abends müde und überarbeitet einen Hund anfährt, steht der auf und beleidigt ihn; Dolittles Gabe ist zurück, wohl hervorgerufen durch Stress und Sorge um das Tier. Nach etwas Hin und Her nimmt der von Eddie Murphy routiniert witzig und stellenweise überraschend ernst gespielte Mediziner das Talent an und schult sozusagen über Nacht zum Veterinär um – seine Patienten können ihm schließlich ganz genau beschreiben, was ihnen fehlt. Wie das so ist, kommt es auch hin und wieder zu Patientenbetreuungen außerhalb der Praxiszeiten, die spektakulärste ist wohl die Rettung des suizidalen Zirkustigers Jake. Der wird von Migräneattacken, Übelkeit und Diplopie geplagt. Dolittle kann dem Tier, das wohl eine Hirnvenenthrombose haben soll, mittels Not-OP helfen. Er söhnt sich mit seiner Familie aus und arbeitet fortan als Arzt für Menschen und Tiere (ja, es bleibt Fiktion).
Als einer der wenigen Spielfilme über die ärztliche Arbeit mit Tieren war Dr. Dolittle, trotz eher gemischter Kritiken, kommerziell erfolgreich und brachte mehrere Fortsetzungen sowie ein aktuelles Remake mit sich. Veterinäre und solche, die es werden wollen, können sich also weiter in der Traumwelt verlieren – oder sich wahlweise über abstruse Behandlungsmethoden und Diagnosestellungen aufregen.
Genau das eint dann auch wieder Mediziner aller Fachrichtungen, wenn es um Ärzte in Filmen geht.
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