Frauen, deren nahe Verwandte an Brustkrebs leiden, sollen Richtlinien zufolge früher mit der Vorsorge beginnen. Der perfekte Zeitpunkt scheint festgelegt. Doch ist dieser Ansatz sinnvoll – oder ein häufig replizierter Fehlschluss?
Leidet ein Verwandter ersten Grades an Brustkrebs, wird Frauen trotz durchschnittlichen Risikos empfohlen, früh ein regelmäßiges Vorsorge-Screening zu beginnen. Experten befürworten den Beginn der Untersuchung 10 Jahre vor dem Diagnosealter des Verwandten. Es gibt jedoch kaum evidenzbasierte Belege dafür, dass das verfrühte Screening in diesem Zeitfenster hilfreich ist.
Forscherinnen der University of North Carolina analysierten gemeinsam mit weiteren Wissenschaftlern nun Mammographie-Daten aus den Jahren 1996-2016. Ziel war es zu ermitteln, wann Frauen mit einer familiären Brustkrebsanamnese mit der Vorsorgeuntersuchung beginnen sollten. Mehr als 300.000 Frauen wurden in die Studie einbezogen. Die Forscher verglichen die kumulative 5-Jahres-Brustkrebsinzidenz bei Frauen mit und ohne Brustkrebs in der Familie ersten Grades nach dem Alter des Verwandten bei der Diagnose und dem Screening-Alter.
„Die Studie kam zu dem Schluss, dass Frauen mit einer Verwandten, bei der die Diagnose im Alter von 45 Jahren oder früher gestellt wurde, in Absprache mit ihrem Arzt in Erwägung ziehen sollten, das Screening 5–8 Jahre früher als das Diagnosealter ihrer Verwandten zu beginnen, anstatt ein Jahrzehnt früher. Damit sind sie einem Risiko ausgesetzt, das dem einer Frau mit durchschnittlichem Risiko im Alter von 50 Jahren entspricht, dem empfohlenen Alter für den Beginn von Mammographien“, so Studienautorin Danielle Durham.
Trägerinnen von BRCA-Genmutationen jedoch, können tatsächlich von einem früheren Beginn der Vorsorgeuntersuchungen profitieren. Frauen zwischen 30 und 39 Jahren, bei denen bei mehr als ein Verwandter ersten Grades an Brustkrebs leidet, sollten eine genetische Beratung in Betracht ziehen. Eine Anhebung des Alters für den Beginn der Vorsorgeuntersuchungen könnte die potenziellen Nebenwirkungen der Brustkrebsvorsorgeuntersuchungen verringern. Dazu gehören eine erhöhte Strahlenbelastung und falsch-positive Ergebnisse, die es erforderlich machen, dass Frauen zur diagnostischen Bildgebung und möglicherweise zu invasiven Eingriffen in eine Klinik zurückkehren, ohne dass eine Brustkrebsdiagnose gestellt wird.
Je früher Frauen mit der Mammographie beginnen, desto mehr Untersuchungen werden durchgeführt – dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Patientinnen Schäden durch diese erleiden. „Bei jüngeren Frauen ist die Mammographie möglicherweise nicht so gut, weil sie eher dichte Brüste haben, was die Entdeckung von Krebs auf den Bildern erschwert und zu mehr falsch-positiven Ergebnissen führt“, schlussfolgert Studienautorin Diana Miglioretti.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der University of California – Davis Health. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Allyssa Olaivar, unsplash