Immer mehr Menschen erkranken an Hautkrebs. Vorsorgeuntersuchungen nehmen nur wenige wahr. Nun steht der Vorschlag im Raum, dass Friseure entsprechende Schulungen machen könnten, um künftig auf Hautanomalien im Kopfbereich zu achten.
In den letzten Jahren hat die Zahl an Hautkrebs-Neuerkrankungen drastisch zugenommen. Ein paar Zahlen zum malignen Melanom in Deutschland: Die altersstandardisierten Neuerkrankungsraten erhöhten sich im letzten Jahrzehnt bei Frauen von 11 auf 18 Fälle pro 100.000 Menschen. Ähnliche Trends zeigen sich bei Männern (10 versus 20 Fälle auf 100.000 Personen). Das berichten Forscher des Robert Koch-Instituts. Nur jeder vierte Versicherte lässt beim Dermatologen alle zwei Jahre alle Hautmale am Körper untersuchen. Deshalb schlägt Neda R. Black von der University of Colorado Anschutz Medical Campus in Aurora vor, Friseure stärker einzubinden.
Basis ihrer Arbeit war eine Befragung aus dem Jahr 2013 mit 45 Friseursalons und 108 Angestellten. Mitarbeiter zeigten prinzipiell großes Interesse am Thema Früherkennung. Dem standen aber eklatante Wissensdefizite gegenüber. So war die ABCDE-Regel als grobe Orientierung recht unbekannt. Sie definiert fünf Hinweise auf mögliche Risikofaktoren:
Allerdings bestand viel Interesse, mehr über das Thema zu erfahren. Als bevorzugte Medien nannten Friseure Online-Trainings und Broschüren.
Neda Black arbeitete mit einer Kurz-Schulung von Friseuren. Diese sahen sich ein kurzes Lehrvideo an, um Anomalien im Kopf- und Halsbereich besser zu identifizieren. Dabei ging es keineswegs um eine gezielte Diagnose. Coiffeure sollten ihren Kunden gegebenenfalls nahelegen, ihren Hautarzt aufzusuchen. Insgesamt konnte Black 113 Friseure für das Projekt gewinnen. Von ihnen nahmen 100 an einer Befragung teil, nachdem sie kurze Lehrfilme gesehen hatten. Sie erkannten atypische Nävi und Melanome anhand der ABCDE-Kriterien signifikant häufiger, nämlich 71 versus 59 Prozent. Die Idee von Black beschränkt sich keineswegs auf Friseure, sondern eignet sich auch beispielsweise für Physiotherapeuten oder Fußpfleger. Selbst Mitarbeiter von Nagelstudios könnten geschult werden. Wie so oft werden Apotheker in der Diskussion gänzlich vergessen. Auch sie könnten wegen ihrer leichten Erreichbarkeit ohne Termin gewisse Präventionsleistungen erbringen, ohne gleich in ärztlichen Gefilden zu wildern.
Bei Medizinern ist die Thematik allerdings nicht unumstritten. Privatdozent Dr. Martin Hartmann von der Hautklinik am Universitätsklinikum Heidelberg warnt vor deutlich mehr Patienten mit unbegründetem Verdacht in Hautarztpraxen. Im Unterschied dazu bewertet Professor Dr. Jochen Utikal, Leiter der Klinischen Kooperationseinheit für Dermato-Onkologie am Deutschen Krebsforschungszentrum, die Schulung medizinischer Laien als „sinnvoll“. Die Krankenkassen haben sich bislang noch nicht zur Thematik geäußert.