Ist das Alongshan-Virus jetzt bei uns angekommen? Schweizer Forscher konnten das erst 2017 entdeckte Virus jetzt in heimischen Zecken nachweisen. Es scheint dem FSME-Virus in nichts nachzustehen.
Zecken können viele verschiedene Krankheitserreger übertragen – etwa Viren, Bakterien und Parasiten. Von Bedeutung ist insbesondere das Frühsommer-Meningoenzephalitis-Virus (FSMEV), das Entzündungen von Gehirn und Hirnhäuten verursachen kann, sowie Bakterien, die zur Infektionskrankheit Borreliose führen können. Und die Liste der Erreger nimmt ständig zu, auch in der Schweiz: Forscher des Virologischen Instituts der Universität Zürich (UZH) haben nun erstmals das Alongshan-Virus (ALSV) in Zecken in der Schweiz nachgewiesen.
Das ALS-Virus gehört wie das FSME-Virus in die Familie der Flaviviren und wurde zum ersten Mal 2017 in China entdeckt. Mehrere Patienten litten nach einem Zeckenstich an Fieber und Kopfschmerzen – den typischen Symptomen zu Beginn einer Infektion mit FSME-Viren. Doch in keinem der Betroffenen konnten Antikörper gegen das Virus oder dessen Erbmaterial nachgewiesen werden. Stattdessen fanden die Forscher ein bisher unbekanntes RNA-Virus: das Alongshan-Virus.
In zahlreichen Zeckenproben, die in den Jahren 2021 und 2022 in mehreren Regionen der Schweiz gesammelt wurden, fanden die Forscher die vollständige Gensequenz von ALS-Viren. „Erstaunt hat uns, dass wir ALS-Viren in den Zeckenproben weit häufiger nachweisen konnten als FSME-Viren“, sagt Cornel Fraefel, Direktor des Virologischen Instituts. Da die Symptome einer Infektion mit ALS-Viren ähnlich sind wie bei einer Ansteckung mit FSME-Viren, könnte das Alongshan-Virus bereits relevant sein für die öffentliche Gesundheit in der Schweiz – wenn auch unerkannt.
Im Unterschied zum FSME-Virus gibt es für das ALS-Virus derzeit weder eine Impfung noch ein Nachweisverfahren. „Nachdem wir das neue Virus identifiziert und die komplette virale Genomsequenz veröffentlicht haben, entwickelt unser Team nun einen serologischen Test, um ALS-Virusinfektionen in Patientenblut nachweisen zu können“, sagt Fraefel. Die epidemiologische Situation von ALS-Viren in der Schweiz soll nächstes Jahr genauer untersucht werden.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Universität Zürich. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Eric Kartis, unsplash