„Zu verstehen, wie sich SARS-CoV-2 zwischen Menschen und Tieren ausbreitet, kann uns helfen, die Pandemie besser zu bewältigen – und uns auf die nächste vorzubereiten“, sagen österreichische Epidemiologen. Eine dynamische Datenbank soll dabei helfen.
Neben der Bedeutung für die öffentliche Gesundheit stellt SARS-CoV-2 auch eine Bedrohung unbekannten Ausmaßes für die Tiergesundheit dar – durch direkte Erkrankung, aber auch durch Präventivmaßnahmen wie Massenkeulung. Ein kürzlich vorgestellter, von der Veterinärmedizinischen Universität Wien in Kooperation mit dem Complexity Science Hub Vienna (CSH) entwickelter Datensatz zu SARS-CoV-2-Infektionen bei unterschiedlichen Tierarten verbessert nun das Wissen über die komplexe Epidemiologie von SARS-CoV-2 an den Schnittstellen zwischen Mensch und Tier und wird zur Prävention künftiger Epidemien beitragen.
Das Virus, das COVID-19 verursacht, zielt nicht nur auf Menschen, sondern auch auf Tiere ab. Und so, wie sich Menschen und Tiere anstecken können, können einige Tiere auch andere Tiere anstecken und in seltenen Fällen auch Menschen. Bis dato ist aber wenig bekannt über Tierarten, die für SARS-CoV-2 empfänglich sind und ihre mögliche Rolle bei der Entwicklung der Epidemiologie der Krankheit.
Zukünftig wird die Untersuchung der komplexen Beziehung zwischen Menschen, Tieren und dem Virus erleichtert. Dazu sammelte ein internationales Forschungsteam unter Leitung von Amélie Desvars-Larrive von der Abteilung für Öffentliches Veterinärwesen und Epidemiologie der Vetmeduni Berichte über SARS-CoV-2-infizierte Tiere aus der ganzen Welt, aus zwei öffentlichen Datenbanken (ProMED-mail und WAHIS), um einen frei zugänglichen Datensatz namens SARS-ANI zu erstellen.
Diese Art von Informationen an einem Ort zu haben – anstatt aufgeteilt auf mehrere Quellen, die von verschiedenen Organisationen und Regierungsbehörden verwaltet werden – wird es laut den Wissenschaftern erleichtern, Daten zu finden, darauf zuzugreifen und sie weiterzuverwenden, z. B. um gezielte Probenahmestrategien oder datengestützte Empfehlungen für den internationalen Transport bestimmter Tierarten zu entwickeln.
Der SARS-ANI-Datensatz sowie sein interaktives Dashboard sind dynamisch. Das bedeutet, dass sie wachsen, da immer mehr Tiere getestet und Berichte geteilt werden. Bisher konnten das Virus oder Antikörper gegen SARS-CoV-2 bei 31 Tierarten weltweit erfasst werden. Credit: Vetmeduni Vienna
Die Wissenschafter hoffen, dass sie dadurch Covid-Infektionen bei Tieren sowie die Übertragung zwischen Tieren und Menschen leichter verfolgen und besser verstehen werden. Dazu Erstautorin Afra Nerpel: „Der Datensatz liefert detaillierte Informationen über jeden einzelnen Fall bei Tieren und einen einzigartigen Überblick über die empfänglichen Tierarten. Er wird weitere analytische Studien über die potenziellen Auswirkungen von SARS-CoV-2 auf die Gesundheit und das Wohlergehen von Tieren, den Naturschutz und ganz allgemein auf die Ökosysteme ermöglichen.“
Insgesamt wurden im Datensatz 31 Tierarten erfasst, bei denen bisher das Virus oder Antikörper gegen das Virus nachgewiesen werden konnte. SARS-CoV-2-infizierte Tiere können subklinische bis schwere Anzeichen einer Infektion aufweisen und die durchgeführten Interventionen reichen von individueller Behandlung bis hin zur präventiven Keulung der Tiere. Tierinfektionen resultieren meist aus einer Übertragung von Mensch zu Tier („Spillback“) und können in bestimmten Fällen zu einer Weiterverbreitung des Virus unter Artgenossen führen, wie bei Hamstern, Nerzen oder Tigern.
Die Zahl der gemeldeten Fälle bei Tieren hat zwar seit Februar 2020 stetig zugenommen, weist aber derzeit ein Plateau auf, was wahrscheinlich auf einen Rückgang der Zahl der getesteten Tiere und/oder eine zu geringe Zahl von Meldungen an die Weltorganisation für Tiergesundheit zurückzuführen ist.
Der Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung der Vetmeduni Wien. Die Originalpublikation findet ihr hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: The New York Public Library, unsplash