Eine bisher unbekannte Proteinverbindung wurde jetzt als eine weitere Ursache für das papilläre Schilddrüsenkarzinom entdeckt. Die Erkenntnisse bringen die Entwicklung personalisierter Krebstherapien voran.
Forscher der Universitätsmedizin Mainz haben eine weitere Ursache für das papilläre Schilddrüsenkarzinom (PTC) identifiziert: Eine bislang unbekannte Kombination zweier Proteine, die das Tumorwachstum in der Schilddrüse fördert. Diese neu entdeckte Verbindung entsteht durch genetische Veränderungen körpereigener Zellen. Den Wissenschaftlern gelang es, die krebsfördernde Funktion dieser Proteinfusion mit bereits bekannten onkologischen Wirkstoffen zu hemmen. Aus dieser Erkenntnis lassen sich personalisierte Therapieansätze für Menschen entwickeln, die diese krebserregende Proteinverbindung in sich tragen.
„Da Krebszellen aus körpereigenen, sich genetisch verändernden Zellen entstehen, kann PTC bei jedem Patienten in einer anderen genetischen Veränderung begründet sein. Das Ziel unseres Forschungsprojekts war es, sogenannte Onkogene zu identifizieren, aus denen krebserregende Proteine entstehen“, erläutert Studienleiter Prof. Krishnaraj Rajalingam. Er und sein Team untersuchten zunächst das Tumorgewebe einer PTC-Patientin, die zudem unter der chronischen Schilddrüsenentzündung Hashimoto-Thyreoiditis litt. Um mehr über den spezifischen Tumor zu erfahren, führten die Wissenschaftler eine Multiomik-Analyse durch, bei der unter anderem die RNA-Sequenzierung eingesetzt wird.
Dem Forschungsteam gelang es, ein bisher unbekanntes Fusionsprotein zu isolieren: eine Verbindung des häufig mutierten und krebsfördernden Onkogens BRAF mit dem Protein BAIAP2L1, das die Neubildung von Blutgefäßen reguliert. Durch den Einsatz des bereits aus der Onkologie bekannten Wirkstoffes PLX8394, schafften die Forscher es, die krebsfördernde Proteinfusion BAIAP2L1-BRAF zu hemmen. Zudem wurde das Tumorgewebe von weiteren PTC-Betroffenen untersucht. Es identifizierte sowohl bereits bekannte krebsfördernde Fusionsproteine als auch weitere Faktoren, die zum Tumorwachstum beitragen und somit Zielstrukturen für therapeutische Maßnahmen darstellen.
Mit Gen Knock-Downs konnten die Mainzer zunächst bestätigen, dass die identifizierten Faktoren für die Tumorbildung relevant sind. Darüber hinaus stellten sie fest, dass bei den PTC-Betroffenen, die Zielstrukturen in auffällig hoher beziehungsweise niedriger Konzentration vorhanden waren, und zwar unabhängig davon welche Mutationen vorlagen. Die eingesetzten Wirkstoffe erzielten also das gewünschte Resultat, ganz gleich sich das BAIAP2L1-BRAF-Fusionsprotein gebildet hatte oder andere genetische Veränderungen existierten.
Die Studie zeigt einmal mehr den Nutzen integrativer Analysen von Patientenmaterial für die Präzisionsmedizin. Da die Anzahl der neu gestellten PTC-Diagnosen jährlich ansteigt und die Erkrankung bald zu den häufigsten Tumorarten zählen könnte, ist die Entwicklung personalisierter Therapeutika gefragt.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Tim Mossholder, unsplash.