Blut, Fett oder auch Zucker können sich im Körper individuell zusammensetzen. Dieser chemische Fingerabdruck bestimmt, für welche Krankheiten wir anfällig sind und wie diese verlaufen. Das zeigt eine aktuelle Studie.
Jeder Mensch hat einen individuellen chemischen Fingerabdruck. Die Zusammensetzung von Molekülen im Blut, wie etwa Fette oder Zucker, bestimmt mit, wie unser Körper auf äußere Einflüsse reagiert, für welche Krankheiten er anfällig ist und wie schwer eine Krankheit verlaufen wird. Wissenschaftler vom Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) haben nun mit Partnern aus Cambridge (UK) mehr als 300 Bereiche im Genom entdeckt, die zu diesem individuellen chemischen Fingerabdruck beitragen. Ihre Ergebnisse haben sie in der Zeitschrift Nature Medicine veröffentlicht.
Unser Körper verarbeitet kontinuierlich tausende von Molekülen, um unseren Stoffwechsel, und damit unsere Gesundheit, am Laufen zu halten. Schon kleinste Veränderungen können krank machen – der Stoffwechsel ist ebenso individuell wie der Mensch. Wissenschaftler des BIH haben nun seltene und häufige Änderungen im genetischen Code entdeckt, die den persönlichen chemischen Fingerabdruck und das individuelle Krankheitsprofil beeinflussen.
„Mit unserer Studie kommen wir endlich der genetischen Steuerung unseres Stoffwechsels anhand von vielen Hunderten von kleinen Stoffwechselprodukten auf die Spur, das ist in diesem Detail so nie gezeigt worden,“ freut sich Professorin Claudia Langenberg, Leiterin der Abteilung Computational Medicine und fügt hinzu: „Dadurch verstehen wir jetzt, welche Auswirkungen diese genetischen Unterschiede auf die Entstehung verschiedenster Krankheiten haben, und warum.“
Die Wissenschaftler haben in der aktuellen Studie die Menge an Molekülen, wie etwa von Zucker, Fetten oder Hormonen, aus Blutproben von etwa 20.000 Teilnehmern zweier großer Bevölkerungsstudien bestimmt, um den Einfluss des Genoms zu untersuchen. Dabei haben sie Bereiche im Genom identifiziert, die mit vielen, oft sehr unterschiedlichen, Stoffwechselprodukten zusammenhängen. „Diese Stoffwechsel-‚Hotspots‘ im Genom haben uns geholfen, besser zu verstehen, welche Gene für die veränderten Mengen der Moleküle im Blut wirklich relevant sind“, erklärt Professorin Claudia Langenberg. „Mit diesen neuen Erkenntnissen konnten wir dann zeigen, welche Veränderungen im Stoffwechsel zur Entstehung einzelner Erkrankungen, wie etwa Brustkrebs, beitragen“, ergänzt sie.
Die Ergebnisse zeigen, dass der Stoffwechsel nicht nur dazu beiträgt, die Gesundheit zu erhalten oder Krankheiten entstehen zu lassen, sondern auch wesentlich bestimmt, wie effektiv oder mitunter schädlich Medikamente wirken. Beispielsweise fanden die Wissenschaftler bei etwa einem Fünftel der Studienteilnehmer genetische Veränderungen nahe des Gens DPYD, wodurch der Abbau bestimmter Krebsmedikamente langsamer abläuft. Die Patienten sammeln dadurch toxische Mengen der Substanzen im Blut an.
„Variationen in der Nähe von Genen, die auch das Ziel von Medikamenten sind, können uns Hinweise über mögliche unerwünschte Nebenwirkungen geben. So konnten wir zeigen, dass Medikamente, welche die Umwandlung von Steroidhormonen im Körper reduzieren und so männlichem Haarausfall und Prostatavergrößerung entgegenwirken, das Risiko für Depressionen steigern können, was sich mit Berichten aus Medikamentenstudien deckt“, erläutert sie.
Die Wissenschaftler haben darüber hinaus viele Beispiele für den Einfluss von Metaboliten auf unterschiedlichste Erkrankungen identifiziert. Zum Beispiel steigert eine erhöhte Blutkonzentration von Homoarginin das Risiko für eine chronische Niereninsuffizienz. Das ist akut relevant, da die Gabe von Homoarginin derzeit zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen getestet wird. Bei diesen Menschen sollte daher besonders auf die Erhaltung der Nierenfunktion geachtet werden.
Schon jetzt leitet Claudia Langenberg eine neue Initiative. „Wir brauchen größere Studien, die besser die genetische Diversität verschiedener Bevölkerungsgruppen abbilden, um den biologischen und klinischen Effekt genetischer Variationen zu verstehen, die sich zwischen bestimmten Bevölkerungsgruppen unterscheiden.“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Berlin Institute of Health in der Charité. Die Originalpublikation findet ihr hier und im Text.
Bildquelle: Caleb Woods, unsplash