Triglyceride senken, heißt kardiovaskuläres Risiko senken – oder? Eine aktuelle Studie hat die Wirkung eines Fibrats untersucht und befeuert damit die ewige Kontroverse.
Für Kliniker können Patienten mit erhöhten Triglycerid-Spiegeln eine Herausforderung sein: Was tun damit? Durch Lebensstilmaßnahmen senken? Und wenn Lebensstilmaßnahmen die Werte nicht senken, was dann? Auch wenn diese Behandlung in den letzten Jahren auf dem Rückzug ist: Ärzte greifen in solchen Situationen noch immer gern auf Fibrate zurück. Aber ob die Senkung der Triglycerid-Spiegel mit diesen Mitteln automatisch zu einer Senkung des kardiovaskulären Risikos führt, ist ziemlich umstritten (wir berichteten). Dazu lieferten Studien, die schon verschiedene andere Triglycerid-Senker untersuchten, eher durchwachsene Ergebnisse.
Mit der PROMINENT-Studie gibt es jetzt eine weitere derartige Studie und die ist besser als das meiste, was bisher dazu an Studien vorlag. In dieser jetzt im NEJM veröffentlichten doppelblinden, randomisierten Studie untersuchten Forscher den Einfluss von Pemafibrat bei einer speziellen (Hoch-)Risikogruppe, nämlich Typ-2-Diabetikern. Rund 10.500 Diabetiker nahmen teil, die an milder bis moderater Hypertriglyceridämie (Triglyceride-Level zwischen 200 und 499 mg/dl) litten und einen HDL-Cholesterinspiegeln von maximal 40 mg/dl aufwiesen. Sie erhielten entweder 2 Tabletten Pemafibrat täglich mit einer Dosis von 0,2 mg oder Placebo. Teilnehmer, die LDL-Cholesterinspiegel von über 100 mg/dl aufwiesen, erhielten zudem Statine (96 % der Probanden).
Zwar konnten die Triglycerid-Spiegel in der Pemafibrat-Gruppe im Vergleich zu Placebo nach 4 Monaten um durchschnittlich 26,6 % gesenkt und die HDL-Spiegel um 5,1% erhöht werden. Auch die VLDL-Cholesterin- und Apolipoprotein C-III-Level waren bei Probanden, die Pemafibrat erhielten, durchschnittlich niedriger. Das Fibrat tat also, was es soll. Das kardiovaskuläre Risiko war in beiden Gruppen allerdings beinahe gleich (Hazard Ratio, 1,03; 95 % KI: 0,91–1,15). Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 3,4 Jahren konnte Pemafibrat das Risiko eines nicht tödlichen Herzinfarkts, eines ischämischen Schlaganfalls, einer koronaren Revaskularisation oder eines Todes durch kardiovaskuläre Ursachen im Vergleich zu Placebo nicht senken.
Für das ernüchternde Ergebnis liefern die Autoren eine mögliche Erklärung, die auf den Wirkmechasmus von Pemafibrat zurückzuführen ist: Es steigert die Aktivität der Lipoproteinlipase und zielt damit wirksam auf den LPL-Stoffwechselweg ab. Dabei senkt es die Remnant-Cholesterinwerte, doch im Gegenzug lässt es die LDL-Cholesterin-, und ApoB-Spiegel im Plasma ansteigen. In der Studie wiesen die Teilnehmer der Pemafibrat-Gruppe tatsächlich höhere LDL-Level auf als die Placebo-Gruppe (im Schnitt +12,3 %). Auch der Apolipoprotein-B-Spiegel stieg um 4,8 %. Das könnte offenbar das direkte Ergebnis einer Umwandlung von Triglyceriden sein.
„Ich denke, dass die mangelnde Wirksamkeit trotz der Triglyceridsenkung größtenteils auf eine fehlende Gesamtsenkung des Apolipoprotein-B-Spiegels zurückzuführen sein könnte“, ergänzt Prof. Salim S. Virani, Kardiologe vom Michael DeBakey VA Medical Center, Houston, Texas in einem begleitenden Editorial. Virani ist der Meinung, dass Fibrate nicht verwendet werden sollten, um das kardiovaskuläre Risiko in dieser Patientengruppe zu verringern. Aber sie „könnten eine Rolle bei der Verringerung des Risikos einer Pankreatitis spielen, die mit einer schweren Hypertriglyceridämie und möglicherweise einer nichtalkoholischen Fettlebererkrankung einhergeht“. Tatsächlich traten bei Patienten der Pemafibrat-Gruppe weniger Fälle von nichtalkoholischer Fettleber auf.
Allerdings traten auch mehr unerwünschte Nierenereignissen und venöse Thromboembolien auf als in der Kontrollgruppe. Auf diesen Punkt macht Karol E. Watson, Kardiologin und Professorin für Medizin/Kardiologie an der David Geffen School of Medicine at UCLA, aufmerksam: „Selbst in einer Hochrisikopopulation reduzierte Pemafibrat nicht die kardiovaskulären Ereignisse und hatte besorgniserregende unerwünschte Wirkungen, obwohl es den Triglyceridspiegel senkte“, schreibt sie in einem Beitrag des NEJM Journal Watch Cardiology. Kliniker sollten ihrer Meinung nach deswegen vorrangig Wirkstoffe wie Statine einsetzen, deren Nutzen für das kardiovaskuläre Ergebnis bekannt ist.
Das Schicksal von Fibraten – zumindest in der Indikation Senkung des kardiovaskulären Risikos bei nicht massiv erhöhten Triglycerid-Werten – scheint damit besiegelt zu sein. Dr. Payal Kohli, Kardiologin und Professorin an der University of Colorado School of Medicine, findet, dass die einzigen Patienten, die Fibrate erhalten sollten, diejenigen mit schwerer Hypertriglyceridämie mit Spiegeln über 500 mg/dl sind, die durch Medikamente wie Icosapent-Ethyl nicht kontrolliert werden können. „Aber ansonsten sollte man sich die Frage stellen, ob sie diese Fibrate brauchen oder ob sie nicht auf etwas anderes umgestellt werden sollten, das nicht nur die Triglycerid-Zahl, sondern auch das Risiko behandelt.“
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