Nur noch rund die Hälfte der angehenden Ärzte in Deutschland erwirbt einen Doktortitel. Der AWMF ist das ein Dorn im Auge. Das führt nun zu der Forderung, wissenschaftliches Arbeiten sehr viel umfassender in den Lehrplan des Medizinstudiums aufzunehmen.
Nur mit einem angemessen wissenschaftlich ausgebildeten Nachwuchs habe das Fach, so die AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.), auch an der Universität eine Zukunft. Die Arbeitsgemeinschaft befürworte zudem auch die vom Wissenschaftsrat geforderte Mindestdauer des Medizinstudiums von sechs Jahren und ein bundeseinheitliches M1-Examen. Bereits im Mai 2008 habe die AWMF die Forderung ausformuliert, eine wissenschaftliche Grundausbildung in den Ausbildungsordnungen des Faches zu verankern. Der Wissenschaftsrat habe dies nun aufgegriffen und fordere in seinen aktuellen Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Medizinstudiums, dass wissenschaftliche Kompetenzen einen zentralen Baustein im Studium angehender Ärzten bildeten. „Denn angesichts des raschen Wissenszuwachses in der Medizin müssen Ärzte in der Lage sein, neue Entwicklungen kritisch zu beurteilen“, so Professor Dr. med. Karl-Heinz Rahn, Präsident der AWMF. Dies sei eine Grundvoraussetzung für praktizierte evidenzbasierte Medizin, auch in ländlichen Gebieten. Umsetzen ließe sich dies im Rahmen des Wahlpflichtfaches, das zurzeit nur wenige Semesterwochenstunden ausmache, nach einem Positionspapier des Wissenschaftsrats aber auf 20 bis 25 Prozent des Studiums ausgeweitet werden könnte. „Denn im Gegensatz zu anderen akademischen Fächern fehlt in der Medizin eine Grundausbildung in den wissenschaftlichen Arbeitstechniken“, so Professor Dr. med. Rolf-Detlef Treede, Vorstandsmitglied der AWMF. Dadurch bringe sich das Fach nicht nur um die Chance, die wissenschaftliche Neugier der Studierenden zu wecken. „Die forschende Medizin geht damit auch das Risiko ein, sich zunehmend abhängig zu machen vom Import von Nachwuchswissenschaftlern aus anderen akademischen Fächern“. Die Grundlagen ließen sich zudem durch einen individuellen, standortspezifischen Schwerpunkt ergänzen.
Ausdrücklich begrüße die AWMF auch die Position des Wissenschaftsrats, dass das Medizinstudium auf mindesten sechs Jahre angelegt sein solle, und dass die Zwischenprüfung („M1-Examen“) wieder bundeseinheitlich abgenommen werden solle. „Wir raten dringend, Kriterien zu entwickeln, die eine vergleichende Evaluation sowohl der Modellstudiengänge als auch der Regelstudiengänge ermöglichen“, so AWMF-Präsident Rahn. Die AWMF empfehle zudem, wissenschaftliche Methodenkurse von der Grundlagenforschung über klinische Studien bis zur Versorgungsforschung anzubieten. Denn der Nachwuchsmangel in den theoretischen und klinisch-theoretischen Fächern der Medizin veranschauliche dieses Defizit der derzeitigen Ausbildungsordnung ebenso wie das fehlende Interesse an klinischer Forschung. Auch für Versorgungs- und translationale Forschung müsse das Studium Interesse wecken. Zumindest in Teilen könnten die Fakultäten diese Ideen und Forderungen sofort in die Tat umsetzen, für andere Teile sei eine Änderung der Approbationsordnung nötig. Um Bund und Länder hierbei fachlich zu begleiten, schlage man vor, eine Expertengruppe für die Revision der Approbationsordnung einzurichten. Dieser sollten zudem, so die AWMF-Verantwortlichen, auch Vertreter des Medizinischen Fakultätentags, der Bundesärztekammer und der Medizinstudierenden angehören. Dieses Gremium könne im Rahmen des im Koalitionsvertrag benannten „Masterplan Medizinstudium 2020“ aktiv beraten.