In einer Studie wurde ein neuartiger Ansatz zur Behandlung und Prävention von Typ-2-Diabetes untersucht: Der Schlüssel zum Erfolg könnte in der Gallenblase liegen.
Gallensäuren helfen nicht nur bei der Verdauung von Nahrung, sondern fungieren auch als Signalmoleküle zur Steuerung verschiedener Körperfunktionen – zum Beispiel zur Regulation des Blutzuckers. Vergangene Forschungsarbeiten zeigten bereits, dass die Zusammensetzung der Gallensäuren bei Patienten mit Typ-2-Diabetes verändert ist. Dieses einzigartige Gallensäureprofil wird durch ein Gen gesteuert, das ein für die Gallensäuresynthese notwendiges Enzym herstellt: CYP8B1. Bislang wurde der Zusammenhang zwischen CYP8B1, Diabetesrisiko und Glukosekontrolle beim Menschen jedoch noch nicht erkannt.
Ein Forscherteam der University of Singapore fand nun in Zusammenarbeit mit weiteren Wissenschaftlern heraus, dass präklinische Modelle ohne das CYP8B1-Gen eine andere Gallensäurezusammensetzung aufweisen als solche mit Typ-2-Diabetes. Diese Abweichung verbessert die Fähigkeit des Insulins, den Blutzucker zu senken und schützt sie vor der Entwicklung der Zuckerkrankheit. Die Forscher wollten wissen, ob dies auch beim Menschen der Fall ist.
„Ein Ansatz zur Untersuchung des Zusammenhangs zwischen CYP8B1 und dem Diabetesrisiko besteht darin, den Gesundheitszustand von Personen zu untersuchen, denen das Gen aufgrund von natürlich vorkommenden Genmutationen fehlt. Solche Funktionsverlustmutationen waren jedoch beim Menschen nicht bekannt. Wir wussten auch nicht, ob die Mutationen dieselbe Schutzwirkung gegen Diabetes haben würden“, sagt Studienleiter Dr. Tan Hong Chang. Daher analysierten die Forscher gespeicherte DNA-Proben von mehr als 8.000 Freiwilligen und luden 140 Personen mit Funktionsverlust-Mutationen in CYP8B1 zu einer Vergleichsstudie ein.
Die Probanden mit den Mutationen wurden zusammen mit einer Vergleichsgruppe ohne Genveränderung detaillierten Stoffwechseluntersuchuhngen unterzogen. Es wurden hyperinsulinämisch-euglykämische Klemmtests durchgeführt, um zu messen, wie gut sie Glukose verstoffwechseln und wie empfindlich sie auf Insulin reagieren. Die Ergebnisse beim Menschen bestätigten die Erkenntnisse aus den präklinischen Modellen: Probanden mit CYP8B1-Funktionsverlustmutationen hatten eine signifikant bessere Insulinsensitivität und konnten den Blutzuckerspiegel besser in den Normalbereich regulieren. Darüber hinaus wiesen diese Probanden im Vergleich zu denen ohne Mutation auch geringere Fettmengen in der Leber und ein besseres Lipidprofil auf.
Die Wissenschaftler versuchen nun, den molekularen Weg zu identifizieren, der für den Unterschied bei den Personen mit den CYP8B1-Mutationen verantwortlich ist. „Da die CYP8B1-Mutationen bei unseren Studienprobanden sie vor Typ-2-Diabetes schützen, sollte die Entwicklung eines Medikaments zur Verringerung der Enzymaktivität dieses Gallensäure-Gens den gleichen Nutzen für alle anderen bringen. Es könnte auch als Mittel zur Senkung des Blutzuckerspiegels bei Menschen mit der chronischen Krankheit eingesetzt werden“, erklärt Co-Studienleiterin Dr. Roshni R. Singaraja. Sie und ihr Team forschen nun an Methoden, um das Gen gezielt zu beeinflussen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der National University of Singapore, Yong Loo Lin School of Medicine. Die Originalpublikation findet ihr hier.
Bildquelle: Robert Anderson, unsplash