Desmoidtumoren konnten bislang nicht medikamentös behandelt werden. Jetzt erzielt Nirogacestat aber eine signifikante Verbesserung des Überlebens und der Lebensqualität bei Patienten mit dieser seltenen Tumorerkrankung.
Erstmals ist es gelungen, eine Option für die medikamentöse Behandlung von Desmoidtumoren zu eröffnen: mit der weltweit größten positiven Phase-3-Studie zu dieser Erkrankung. In internationaler Zusammenarbeit konnten Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) in der sogenannten DeFi-Studie die Wirksamkeit des Gamma-Sekretase-Hemmers Nirogacestat bei Patienten mit Desmoidtumoren nachweisen.
„Das Risiko für ein Fortschreiten der Erkrankung konnte mit dem neuen Behandlungsansatz um 71 Prozent verringert werden. Und auch die Schwere der Symptome und der Schmerzen nahmen unter der Behandlung statistisch signifikant ab und sorgten damit für eine signifikant höhere Lebensqualität der Betroffenen“, stellt der Leiter der wissenschaftlichen Studie, Prof. Bernd Kasper, fest.
Desmoide sind sehr seltene Tumoren der Weichgewebe. In Deutschland sind jährlich etwa 160 bis 400 Menschen neu von dieser Erkrankung betroffen. Eigentlich zählen Desmoide zu den gutartigen Krebserkrankungen. Aufgrund ihres sehr aggressiven lokalen Wachstums können sie aber schwerwiegende Symptome, Funktionseinschränkungen und Schmerzen verursachen und, wenn sie lebenswichtige Strukturen betreffen, auch lebensbedrohlich sein.
Die Behandlungsmöglichkeiten dieser seltenen Krebserkrankung sind sehr begrenzt – bisher gibt es keine zugelassene medikamentöse Therapieoption. Und wird der Tumor chirurgisch entfernt, so tritt er häufig an derselben Stelle wieder auf.
Mit dem Wirkstoff Nirogacestat ist es den Wissenschaftlern zum ersten Mal gelungen, den Notch-Signalweg zu blockieren. Der Signaltransduktionsweg spielt eine wichtige Rolle in der Kommunikation benachbarter Zellen und ist an der Entstehung und dem Fortschreiten vieler Krebserkrankungen beteiligt. Bei Desmoiden ist der Notch-Signalweg hochreguliert. Die DeFi-Studie zeigt, dass die gezielte Beeinflussung dieses Signalwegs durch Nirogacestat ein wirksamer Mechanismus zur Behandlung von Desmoid Tumoren zu sein scheint.
An der Studie nahmen insgesamt 142 Patienten mit progressiven Desmoid Tumoren teil. Sie wurden weltweit aus insgesamt 37 Zentren rekrutiert. „Die Studie hat das Potenzial, zur ersten Zulassung eines Medikaments für die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit dieser seltenen Erkrankung zu führen“, so die Bewertung des internationalen Studienleiters und Ärztlichen Geschäftsführers des Mannheim Cancer Center (MCC) Bernd Kasper.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Universitätsmedizin Mannheim. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Angel Balashev, unsplash