Forscher haben entdeckt, dass die Motorproteine des Herzmuskels bei DCM-Patienten verändert und dadurch leistungsstärker sind. Der Verantwortliche wurde bereits identifiziert.
Auf den ersten Blick klingen die Ergebnisse paradox: Bei Patienten mit einer bestimmten Form der Herzschwäche sind die molekularen Motoren der Herzmuskelzellen – die Myosin-Komplexe – häufig an bestimmten Bereichen chemisch verändert und können dadurch mehr Leistung bringen. Das hat ein Wissenschaftsteam herausgefunden und außerdem entdeckt, welches Enzym dafür verantwortlich ist. Die Arbeitsgruppe um den Kardiologen Prof. Benjamin Meder geht davon aus, dass der neu beschriebene Regulationsmechanismus der Ermüdung des Herzmuskels gegensteuern soll. Er könnte somit einen neuen Ansatzpunkt zur Behandlung von Herzschwäche eröffnen.
Myosine sorgen als molekulare Motoren für eine gleichmäßige Kontraktion der Herzmuskelzellen. Indem sie ihre Form verändern, verschieben sie bestimmte Elemente des Zellskeletts – die Aktin-Filamente – gegeneinander: Die Herzmuskelzelle zieht sich zusammen. Chemische Modifikationen dieser Proteine sind für die Herzmuskelzellen ein wichtiger Mechanismus, um auf veränderte Belastungen reagieren zu können. So wirken sich Phosphorylierungen positiv auf die Kontraktionskraft der Zellen aus und sorgen für einen Kraftschub bei stärkerer Belastung.
Die Arbeitsgruppe entwickelte eine spezielle Messmethode, um Phosphorylierungen eines kleinen Proteins des Kontraktionsapparats zu detektieren. „Wir waren überrascht, ausgerechnet bei Patienten mit einer sogenannten dilatativen Kardiomyopathie einen erhöhten Anteil an Protein-Phosphorylierungen an der essentiellen leichten Kette des Myosins zu finden“, sagt Erstautorin Dr. Marion Müller. „Die Modifikationen könnten ein Versuch der Herzzellen sein, den zunehmenden Funktionsverlust zu kompensieren“, vermutet Dr. Müller. Insgesamt identifizierte das Team neun Phosphorylierungsstellen an dem vergleichsweise winzigen ELC-Protein.
Die Wissenschaftler fanden zudem den Urheber der Modifikationen und damit einen wichtigen Akteur in diesem Regelmechanismus: Das Enzym „NIMA-assoziierte Kinase 9“ (NEK9) kommt zu einem hohen Anteil im linken Herzmuskel des Menschen vor, bindet an das ELC-Protein und reguliert die Phosphorylierung. Versuche an Zebrafischen bestätigten die Schlüsselrolle von NEK9: Bei genetisch veränderten Tieren, denen ein bestimmter Teil des Enzyms fehlte, blieben die Phosphorylierungen und damit die Anpassung der Herzfunktion aus, sie entwickelten eine Herzschwäche. „Dieser Regulationsmechanismus lädt die Herzmotoren förmlich elektrochemisch auf und könnte möglicherweise für die medikamentöse Therapie bei Herzschwäche genutzt werden, indem man die Herzfunktion über eine Erhöhung der ELC-Phosphorylierung unterstützt“, so Studienleiter Meder.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Universitätsklinikums Heidelberg. Die Originalpublikation findet ihr hier.
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