Die Darmspiegelung zur Krebsprävention ist weniger effektiv als erwartet – das zeigt zumindest eine aktuelle Studie. Aber die Ergebnisse sind mit Vorsicht zu genießen.
In der Darmkrebsvorsorge hat die Koloskopie einen festen Platz. Bislang fehlten allerdings große randomisierte, kontrollierte Studien, die untersuchen, inwieweit Koloskopie-Screenings die Darmkrebs-Neuerkrankungen und darmkrebsbedingte Todesfälle verhindern können. Ein europäisches Forscherteam hat sich dem Thema nun gewidmet – mit scheinbar enttäuschenden Ergebnissen.
In der Studie, die im NEJM veröffentlicht wurde, untersuchten die Forscher das Darmkrebs- und Sterberisiko gesunder Männer und Frauen im Alter zwischen 55 und 64 Jahren. Die Studienteilnehmer, die aus Bevölkerungsregistern in Norwegen, Schweden und Polen rekrutiert wurden, erhielten entweder eine Einladung zur Koloskopie oder wurden nicht explizit eingeladen und erhielten die übliche Versorgung.
Nach etwa 10 Jahren sammelte das Forschungsteam Informationen über die Häufigkeit von Darmkrebs und Todesfällen bei 28.220 Teilnehmern der eingeladenen Gruppe und 56.365 Teilnehmern der nicht eingeladenen Gruppe. In der eingeladenen Gruppe wurden 259 Fälle von Kolonkarzinomen diagnostiziert im Vergleich zu 622 Fällen in der Standard-Versorgungsgruppe. In einer Intention-to-screen-Analyse lag das Risiko für Darmkrebs in der eingeladenen Gruppe bei 0,98 % und bei 1,20 % in der Vergleichsgruppe.
Die Risikoreduktion war in der eingeladenen Gruppe um lediglich 18 % niedriger als in der nicht eingeladenen Gruppe. Die Autoren stellten auch fest, dass die Zahl der Todesfälle in der eingeladenen Gruppe nicht signifikant zurückging – damit liegt der Erfolg des Koloskopie-Screenings hinter den Erwartungen deutlich zurück. In einem begleitenden Editorial ist die Rede von „überraschendem und enttäuschendem“ Ergebnis.
Ein weiteres wichtiges Ergebnis und gleichzeitig eine erhebliche Einschränkung bei der Interpretation der Ergebnisse: eine geringe Teilnehmerrate. Nur 42 % der Teilnehmer, die zu einer Darmspiegelung eingeladen wurden, folgten dem Aufruf auch. Und das ist die Krux an der Sache, denn nur wer zur Darmspiegelung geht, bei dem können auch verdächtige Polypen gefunden werden. Als die Forscher den Nutzen bei denjenigen ermittelten, die sich tatsächlich einer Darmspiegelung unterzogen, stellten sie fest, dass die Inzidenz von Darmkrebs um 31 % und die Todesfälle um 50 % zurückgingen. Diese Zahlen kommen schon eher an Ergebnisse aus anderen Studien heran, die die Wirksamkeit von Koloskopien zur Darmkrebsprävention untersucht haben.
Die Autoren merken zudem an, dass der Zeitraum zwischen der Rekrutierung und dem Screening der Teilnehmer zu kurz gewesen sein könnte. Darmkrebs entwickelt sich in der Regel langsam und braucht 10 Jahre oder mehr, um sich von präkanzerösen Polypen hin zu Krebs zu entwickeln. Daher ist das in der Studie verwendete 10-Jahres-Fenster möglicherweise zu kurz, um die volle Wirkung des Koloskopie-Screenings zu messen.
Zwar wird sich durch die Studie keine Empfehlung zur Koloskopie ändern, sie macht aber deutlich, dass Maßnahmen zur erhöhten Teilnahmerate dringend gebraucht werden.
Bildquelle: Roel Dierckens, unsplash