Die Kundin kommt in die Apotheke und will ein Thyroxin-Präparat. Es ist, wie so viele andere Medikamente, nicht lagernd. „Das macht nichts, ich komme nächste Woche wieder“ – wenn es doch nur eine Woche wäre.
Die Erkältungssaison hat gerade erst begonnen, und ich mache täglich einen Eiertanz um den Kunden die benötigten Medikamente zu beschaffen. Bei verschreibungspflichtigen Medikamenten ist das nichts neues (leider), aber bei OTC-Arzneimitteln habe ich ein solches Ausmaß noch nie erlebt. Insgesamt fehlen uns inzwischen über 200 Lagerartikel!
Wie man anhand der Grafik der DAZ sehen kann, sind wir da nicht alleine – und ganz ehrlich? Das kostet verdammt viele Nerven!
Die Idee von Cordula Eichhorn, einer Apothekerin aus Eppstein, ist da gar nicht schlecht. Sie hat ihre „Defektliste“ ausgedruckt und an die Tür gehängt. Einfach um zu zeigen, wo gerade unsere Probleme liegen. So einige Kunden verstehen nämlich nicht, dass das nichts mit unserem Einkaufsverhalten zu tun hat und dass wir das nicht verhindern können.
Ein Beispiel aus dem RX-Bereich: Uns fehlt ein bestimmtes Thyroxin-Präparat. Die Kundin sagt mir: „Ach, das ist kein Problem. Ich habe noch für mindestens eine Woche Tabletten da. Bis dahin sollte ja wieder Nachschub gekommen sein. Ich schaue sie an: „Eine Woche wäre schön. Das voraussichtliche Lieferdatum liegt, laut Firma, bei März 2023.“ „Was? Wie stellen sie sich das denn vor?“
Es. Liegt. Nicht. An. Uns! Uns kosten alleine die Dokumentation und die Besorgung eines Ersatzes immense Zeit und Nerven.
Frau Eichhorn hat unter ihre Liste die Adresse des Hauses von Karl Lauterbach gesetzt, aber ich weiß nicht mal, ob der der richtige Ansprechpartner ist.
Auch im OTC – Bereich sieht es dunkel aus. ACC akut, Prospan®, Nurofen®, DoloDobendan®, Gaviscon®, Aspirin complex®, Wick MediNait®, Zovirax®, verschiedene Nasensprays, Mucosolvan®, Paracetamolsäfte und Zäpfchen bestimmter Hersteller, Buscopan Isla Moos® … die Liste lässt sich immer weiter fortsetzen.
Interessanterweise bekomme ich viele Artikel auf der Liste durchaus im Versandhandel. Ich frage mich seit geraumer Zeit, ob wir nicht vielleicht hier einen der Schuldigen an der Misere suchen sollten. Und ob vielleicht ein Direkteinkauf beim Hersteller, die über eine bestimmte Menge hinausgeht, gestrichen werden sollte – das machen sie bei der Vor-Ort-Apotheke ja auch.
Verantwortlich gemacht für die Misere werden wahlweise die Energiekrise, Corona, China und der Krieg in der Ukraine – oder eben alles zusammen. Die Wahrheit wird irgendwo dazwischen liegen. Hilfreich wäre es, wenn uns so manche Ärzte nicht auch noch in den Rücken fallen, beziehungsweise mal mit ihrem MFA sprechen würden. Die wissen durch ihre zahlreichen Anrufe von uns nämlich ganz genau, was derzeit nicht zu bekommen ist.
Bildquelle: Aarón Blanco Tejedor, unsplash