Für Krankenhausinfektionen spielen neben den bekannten S.-aureus-Stämmen zunehmend Enterobacteriaceen eine Rolle. Bei einem aktuellen Ausbruch konnten gehäuft verschiedene gramnegative Bakterien nachgewiesen werden, die gegen Carbapenem resistent waren.
Carbapeneme sind breit wirksame Antibiotika, die als Reserveantibiotika in Notfällen zum Einsatz kommen. Die Forscher identifizierten bei diesen Stämmen ein bewegliches genetisches Element, ein Plasmid, das für die Resistenz verantwortlich ist. Dieses neu entdeckte Multiresistenzplasmid kann auf unterschiedliche Keime übertragen werden und stellt somit eine ganz neue Dimension für Ausbrüche dar. Bei einer Infektion mit neu auftretenden Carbapenem-resistenten Erregern kann eine ausweglose Situation entstehen, in der es keine Behandlungsoption mehr gibt. „Genau an diesem Punkt setzen die Aktivitäten der Forschungseinheit „Krankenhauskeime und Antibiotika-resistente Bakterien“ des DZIF an“, erklärt Prof. Dr. Trinad Chakraborty, Ko-Koordinator der Forschungseinheit und Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie in Gießen. Dabei konzentrieren sich die Arbeiten im DZIF auf ein verbessertes Hygienemanagement, um die Weiterverbreitung multiresistenter gramnegativer Bakterien einzudämmen und Strategien zur Bekämpfung neu auftretender Infektionen und Resistenzen zu entwickeln.
Bei dem aktuellen Ausbruch 2014 in Hessen konnten die Wissenschaftler gehäuft verschiedene gramnegative Bakterien (Citrobacter freundii, Enterobacter aerogenes, Escherichia coli, Klebsiella oxytoca u. a.) nachweisen, die aufgrund ihrer Resistenz gegen Carbapeneme (KPC-2) als sog. 4MRGN-Erreger klassifiziert wurden. Dazu zählen die multiresistenten gramnegativen Bakterien mit Resistenzen gegen Acylureidopencilline, Cephalosporine der 3. und 4. Generation, Carbapeneme und Fluorchinolone.
Die in diesem Fall ungewöhnlich breite Speziesverteilung bei gleichem Resistenzmuster machte die Anwesenheit eines extrem beweglichen genetischen Resistenzelementes wahrscheinlich. Zur Überprüfung wurden 21 repräsentative KPC-2-positive Stämme in der Medizinischen Mikrobiologie der JLU Gießen sequenziert. Die anschließende bioinformatorische Auswertung der Daten konnte das blaKPC-2-Gen auf einem bestimmten Plasmid lokalisieren, das bei jedem der untersuchten Isolate vorhanden war. Dies beweist, dass die Häufung der Carbapenemase-exprimierenden Bakterien kein Zufall war, sondern durch die rasante Ausbreitung eines spezifischen Resistenz-Plasmids verursacht wurde. Diese Untersuchung beschreibt weltweit erstmals den nosokomialen Ausbruch eines Carbapenemase tragenden beweglichen genetischen Elements. Die Carbapenemase ist ein Enzym, das Carbapeneme unwirksam macht und damit Resistenz gegen dieses Antibiotikum verleiht. Ein Multiresistenz-Plasmid, das auf unterschiedliche Keime übertragen werden kann, tritt somit an die Stelle der Verbreitung eines klassischen resistenten Krankenhauskeims.
Besonders gefährlich kann es werden, wenn ein solches Plasmid auf pathogene Keime wie Escherichia coli oder Klebsiella pneumoniae übertragen wird. Die Infektion mit einer Kombination aus krankmachendem Erreger und Antibiotikaresistenz kann möglicherweise nicht mehr therapiert werden. Eine weitere kaum abschätzbare Bedrohung entsteht, wenn ein genesener Patient die multiresistenten Erreger mit nach Hause nimmt. Das Risiko für seine Umgebung, Familie und Kollegen ist kaum abschätzbar. Die epidemiologischen Zusammenhänge wurden noch während des Ausbruchsgeschehens innerhalb weniger Tage aufgeklärt. Auf diese Weise konnte die Quelle schnell identifiziert und der Ausbruch beendet werden. In Zusammenarbeit mit dem NRZ wurde hierzu außerdem eine spezifische diagnostische PCR-Methode entwickelt und bestätigt, um weitere Ausbrüche schnell und effektiv erkennen und bekämpfen zu können. Originalpublikation: Complete Nucleotide Sequence of a Citrobacter freundii Plasmid Carrying KPC-2 in a Unique Genetic Environment Yao Y. et al.; Genome Announc., doi: 10.1128/genomeA.01157-14, 2014