Das BfArM stellt sich großen Herausforderungen. Im Rahmen eines Projektes soll untersucht werden, wie häufig Medikationsfehler in Deutschland auftreten. Forscher interessieren sich auch für die Hintergründe entsprechender Pannen. Apotheker bleiben wieder außen vor.
Schätzungsweise jeder zweite Patient, der Arzneimittel zur Dauertherapie benötigt, nimmt seine Präparate nicht korrekt ein. Schon vor drei Jahren bezifferte die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände direkte Kosten fehlender Adhärenz auf „mehrere Milliarden Euro“. Dazu gehören Arztbesuche oder Krankenhauseinweisungen. Indirekte Kosten, beispielsweise durch Arbeitsunfähigkeit, kommen noch hinzu. Detaillierte Zahlen gibt es für Deutschland bislang nicht.
Jetzt hat das BfArM ein neues Forschungsprojekt gestartet. Professor Dr. Julia Stingl und Professor Dr. Dirk von Mallek wollen belastbare Daten sammeln. Sie arbeiten am BfArM und am Fakultätszentrum Translationale Medizin der Universität Bonn. „Medikationsfehler führen in der Praxis immer wieder zu erheblichen Gesundheitsschäden, obwohl sie häufig vermeidbar wären. Hier können wir mit unserer Forschung im Sinne der Patientinnen und Patienten gezielt zu einer weiteren Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit beitragen“, sagt BfArM-Präsident Professor Dr. Karl Broich. Im Mittelpunkt der Studie stehen Krankenhäuser in Bonn, Fürth und Ulm. Dort nehmen Wissenschaftler Notfalleinweisungen kritisch unter die Lupe, um pharmakologische Einflüsse zu entlarven. Sie rechnen mit etwa 90.000 Notaufnahmen. Darunter befinden sich schätzungsweise 9.000 Patienten, die aufgrund unerwünschter Arzneimittelwirkungen behandelt werden. Ziel ist, herauszufinden, wie viele Ereignisse sich auf vermeidbare Medikationsfehler zurückführen lassen.
Am neuen Projekt beteiligen sich vor allem Mediziner – wie so oft. Auch besteht eine Kooperation mit der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (AkdÄ). Verbände der Apothekerschaft sind nicht im Boot. Dabei wäre pharmazeutische Kompetenz durchaus von Nöten – und nicht nur zur Analyse von Medikationsdaten. Beispielsweise zeigte Zahraa S. Jalal mit einer Übersichtsarbeit, dass pharmazeutische Interventionen die Adhärenz durchaus erhöhen. Im Mittelpunkt standen Patienten, die an Hypertonie, Diabetes, Dyslipidämie oder Herzinsuffizienz litten. Die neue Studie hätte durchaus Chancen gehabt, apothekerliche Präventionsangebote hinsichtlich der Medikation zu untersuchen.