Somatische Risikofaktoren für Post Covid sind oft beschrieben. Zwei Studien zeigen jetzt, dass die Psyche auch eine wichtige Rolle spielt.
Gibt es Menschen, die nach einer SARS-CoV-2-Infektion eher ein Post-Covid-Syndrom erleiden als andere? Ein klares Ja dazu von der medizinischen Forschung, gut zusammengefasst in einem aktuellen Review-Artikel: Weibliches Geschlecht, kaukasische Abstammung und mittleres Alter, das sind die biographischen Risikofaktoren. Auf medizinischer Seite wirken sich Adipositas/Diabetes, Bluthochdruck und Asthma ungünstig auf das Post-Covid-Risiko aus.
Die Corona-Infektion selbst ist auch nicht ganz unwichtig: Wer bei der akuten Infektion mehr als fünf verschiedene Symptome, eine hohe Viruslast oder Durchfall hat, ist gefährdeter als andere. Außerdem haben Menschen, die ohne Immunität/Impfung in die Infektion rutschen und Menschen, die nur niedrige Antikörper-Titer gegen Spike-Antigene aufweisen, ein höheres Post-Covid-Risiko.
Das alles ist weitgehend akzeptiert. Kontroverser werden die Diskussionen oft, wenn darauf hingewiesen wird, dass es auch psychische Prädispositionen für ein Post-Covid-Syndrom gibt. Depression, Angst, Sorgen wegen COVID-19, subjektiv wahrgenommener Stress und Einsamkeit – all das sind in einer aktuellen US-amerikanischen Kohortenstudie signifikante Prädiktoren für ein Post-Covid-Syndrom. Jeder einzelne dieser Faktoren erhöht das relative Risiko um 30-50 %. (s. Abbildung)
Das Bemerkenswerte: Diese relativen Risiken sind höher, teils sogar deutlich höher, als bei den meisten somatischen Risikofaktoren. Und das sind nicht die unadjustierten Risiken, sondern die bereits auf soziodemographische Faktoren, Gesundheitsverhalten und natürlich Begleiterkrankungen adjustierten Risiken.
Hier nochmal tabellarisch:
Eine zweite, genauso aktuelle Studie, die ebenfalls interessante Zahlen liefert, kommt aus Deutschland. Sie wurde im Oktober 2022 veröffentlicht. Diese Studie hat die spezifischen Risikofaktoren für eine somatische Verschlechterung im Zeitraum der COVID-19-Pandemie untersucht, konkret zwischen April 2020 und Februar 2022 – und zwar unter Angehörigen von Gesundheitsberufen. Zu Studienbeginn und nach 21 Monaten wurde jeweils ein Fragebogen ausgefüllt und ein IgG-Antikörper-ELISA-Test durchgeführt, mit dem eine stattgehabte Infektion nachgewiesen wurde, wenn es sie denn gab.
Die Forscher konnten zeigen, dass von mehreren unterschiedlichen Determinanten die psychische Belastung zum Zeitpunkt der Baseline-Untersuchung der stärkste Prädiktor für eine somatische Verschlechterung im Verlauf der Pandemie war. Die mit COVID-19 assoziierte Symptomerwartung sowie eine selbstberichtete SARS-CoV-2-Infektion waren ebenfalls starke Prädiktoren für eine Verschlechterung der somatischen Symptome im Pandemieverlauf, nicht dagegen die serologische nachgewiesene Infektion.
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Bildquelle: Elyas Pasban, unsplash