Patienten mit Vorhofflimmern und Schlaganfall-Vorgeschichte haben ein hohes Risiko für erneute Schlaganfälle und kardiovaskuläre Komplikationen. Eine Studie zeigt: Die frühe rhythmuserhaltende Behandlung ist für diese Menschen sicher und wirksam.
Die EAST – AFNET 4 Studie (Early Treatment of Atrial Fibrillation for Stroke Prevention) hat untersucht, ob eine rhythmuserhaltende Therapie mittels Antiarrhythmika oder Katheterablation, wenn sie im ersten Jahr nach der Diagnose Vorhofflimmern begonnen wird, die Aussichten der Betroffenen verbessert.
Das Hauptergebnis der Studie, das 2020 publiziert wurde, zeigte, dass eine frühe rhythmuserhaltende Behandlung bei Menschen mit Vorhofflimmern und Begleiterkrankungen kardiovaskuläre Ereignisse um 21 Prozent verringert. Eine frühzeitige rhythmuserhaltende Therapie mit Medikamenten und/oder Ablation führte im Vergleich zur üblichen Behandlung zu weniger Todesfällen, Schlaganfällen und Krankenhausaufenthalten wegen Verschlechterung einer Herzschwäche oder akutem Koronarsyndrom.
In der Studie wurden 2.789 Patienten mit kürzlich diagnostiziertem Vorhofflimmern (innerhalb eines Jahres nach Diagnose) und kardiovaskulären Risikofaktoren in den beiden Studiengruppen „früher Rhythmuserhalt (early rhythm control (ERC))“ und „übliche Behandlung (usual care (UC))“ über einen Zeitraum von fünf Jahren behandelt und beobachtet.
Dr. Märit Jensen vom Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE), die die Ergebnisse beim Weltschlaganfallkongress vorgestellt hat, erklärt den Hintergrund dieser Subgruppenanalyse: „Zehn bis fünfzehn Prozent aller Patienten mit Vorhofflimmern haben eine Schlaganfall-Vorgeschichte. Sie haben ein sehr hohes Risiko, einen weiteren Schlaganfall oder kardiovaskuläre Komplikationen zu erleiden. Aufgrund ihres Alters, der Begleiterkrankungen und häufig wegen einer dauerhaften Behinderung nach einem Schlaganfall erhalten diese Patienten derzeit selten eine rhythmuserhaltende Therapie. Eine systematische frühzeitige rhythmuserhaltende Behandlungsstrategie verhindert Schlaganfälle und kardiovaskuläre Ereignisse bei Menschen mit kürzlich diagnostiziertem Vorhofflimmern. Allerdings sind Menschen mit Vorhofflimmern, die bereits einen Schlaganfall hatten, oft schwach und schwerkrank und könnten möglicherweise ein besonderes Risiko für Nebenwirkungen der rhythmuserhaltenden Therapie haben. Deshalb haben wir hier untersucht, ob eine frühe rhythmuserhaltende Behandlung bei diesen Patienten sicher ist und unerwünschte kardiovaskuläre Folgen verhindern kann.“
217 Teilnehmer (7,8 Prozent) der EAST – AFNET 4 Studie hatten eine Schlaganfall-Vorgeschichte. Ihr mittleres Alter lag bei 71 Jahren, der Frauenanteil bei 44 Prozent, der mittlere CHA2DS2-VASc-Score bei 5. Von diesen 217 Patienten gehörten 110 (51 Prozent) der Studiengruppe „früher Rhythmuserhalt“ und 107 (49 Prozent) der Studiengruppe „übliche Behandlung“ an.
Ein primärer Studienendpunkt – definiert als erstes Auftreten eines der Ereignisse Tod aus kardiovaskulärer Ursache, Schlaganfall oder Krankenhausaufenthalt wegen Verschlechterung einer Herzschwäche oder eines akuten Koronarsyndroms – ereignete sich bei 18 Patienten der Gruppe „früher Rhythmuserhalt“ (3,7 pro 100 Personenjahre) und bei 33 Patienten der Gruppe „übliche Behandlung“ (7,4 pro 100 Personenjahre). Das Verhältnis der Ereignisraten lässt sich beschreiben durch eine Hazard Ratio von 0,52 (95 % Konfidenzintervall 0,29–0,93).
Ein primäres Sicherheitsereignis – Tod oder Schlaganfall oder eine schwerwiegende unerwünschte Folge der rhythmuserhaltenden Therapie – trat ein bei 17 Patienten der Gruppe „früher Rhythmuserhalt“ (16 Prozent) und bei 30 der Gruppe „übliche Behandlung“ (28 Prozent). Die Sterberate war bei den Patienten mit frühem Rhythmuserhalt niedriger als bei denen, die die übliche Behandlung erhielten (10 Prozent gegenüber 20 Prozent).
Jensen kommentiert die Ergebnisse: „Unter den Patienten mit Vorhofflimmern und Schlaganfall-Vorgeschichte war die frühe rhythmuserhaltende Behandlung mit einem geringeren Risiko für unerwünschte kardiovaskuläre Folgen verbunden als die übliche Behandlung. Schwerwiegende Komplikationen der antiarrhythmischen Medikamente oder der Vorhofflimmer-Ablation bei früher rhythmuserhaltender Behandlung (3 Prozent) waren nicht häufiger als bei den Studienteilnehmern ohne Schlaganfall-Vorgeschichte (5 Prozent).“
Prof. Götz Thomalla, Leiter des Clinical Stroke and Imaging Forschungslabors am UKE und Co-Autor der Studie, sagt: „Diese Subgruppenanalyse verdeutlicht den Nutzen der frühen rhythmuserhaltenden Therapie zur Verhinderung kardiovaskulärer Komplikationen bei Patienten mit Vorhofflimmern, die bereits einen Schlaganfall hatten. Das unterstreicht die Bedeutung einer guten Zusammenarbeit zwischen Neurologen und Kardiologen in der Sekundärprävention bei Schlaganfallpatienten mit Vorhofflimmern.“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Kompetenznetz Vorhofflimmern. Die Studienergebnisse werden aktuell auf dem Weltschlaganfallkongress in Singapur vorgestellt.
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