Wegen seiner antibakteriellen Wirkung ist Triclosan vielen Waschlotionen und Reinigungsmitteln zugesetzt. Neue Studien weisen darauf hin, dass der Stoff auch Leberkrebs begünstigen könnte. Vor allem Krankenhauspersonal ist gefährdet.
Triclosan ist längst kein unbeschriebenes Blatt mehr. Seit mehreren Jahren sorgt der synthetische, antimikrobielle Stoff regelmäßig für Schlagzeilen. 1972 kam Triclosan als Zusatz von desinfizierenden Handwaschlotionen für Krankenhauspersonal auf den Markt, seit 1998 häufen sich die Hinweise auf seine schädliche Wirkung. Dennoch hat der Stoff in den letzten zwanzig Jahren vermehrt Einzug in zahlreiche Gegenstände des täglichen Gebrauchs gehalten. Triclosan kommt in Kosmetika, Zahnpasta, Haushaltsreinigern, Waschmitteln, Sportkleidung und Küchengerätschaften vor. Dabei gibt es bereits zahlreiche Hinweise, dass Triclosan sowohl für die menschliche Gesundheit als auch für die Umwelt äußerst bedenklich sein könnte: In Gesichtsreinigern soll Triclosan dafür sorgen, dass sich das potentiell pathogene Bakterium Staphylococcus aureus vermehrt in der menschlichen Nase ansiedeln kann. Bei chirurgischen Eingriffen oder geschwächtem Immunsystem kann das die Infektionsrate erhöhen. In Laborversuchen regte Triclosan das Wachstum von Brustkrebszellen an. Tierversuche zeigten außerdem, dass Triclosan die Funktion von Muskeln und das Hormonsystem beeinträchtigen kann. Der synthetische Stoff konnte im Blut, Urin und in der Muttermilch zahlreicher Probanden nachgewiesen werden.
Eine aktuelle Studie mit Versuchen an Mäusen lieferte Hinweise, dass Triclosan bei langfristigem Kontakt die Leber schädigen und möglicherweise auch die Entstehung von Leberkrebs begünstigen könnte. Um zu prüfen, wie sich Triclosan auf die Leber auswirkt, fütterten die Forscher junge Mäuse acht Monate lang mit Triclosan-haltigem Futter, Kontrolltiere erhielten das gleiche Futter ohne Triclosan. Anschließend untersuchten die Wissenschaftler die Leber der Tiere. Das Ergebnis: Die Leber der Mäuse, die mit Triclosan gefüttert wurden, war ungewöhnlich groß. Im Zellinneren waren außerdem Gene aktiv, die die Leberzellen zur Teilung anregen. Dieser Vorgang könne in einer Leberfibrose resultieren, schreiben die Forscher. Die Leberfibrose kann ihrerseits das Risiko von Leberkrebs erhöhen. Denn wenn im Zuge einer Leberfibrose das Gewebe der Leber zunehmend in Kollagen umgewandelt wird, beeinträchtige das die Leber-Funktion, schreiben die Forscher. Um ihre Vermutung zu prüfen, verabreichten sie sowohl den Triclosan-Mäusen als auch den Kontrolltieren ein krebserregendes Medikament. Bei den Triclosan-Tieren wuchsen mehr und größere Tumoren als bei den Kontrolltieren.
Auf den Menschen übertragen entspräche die Triclosan-Dosis aus diesem Experiment 0,05 mg pro kg Körpergewicht. Das entspricht etwa einem Gramm Zahnpasta, die 0,3 Prozent Triclosan enthalte. „Davon verschwindet aber ein Großteil nach kurzer Zeit im Abfluss“, schreiben die Forscher. Die Ergebnisse der Tierexperimente ließen sich daher nicht 1:1 auf den Menschen übertragen. „Da Triclosan jedoch nahezu allgegenwärtig ist, ist eine Schädigung der Leber auch beim Menschen nicht auszuschließen.“ Langfristig angelegte Studien sollen hier mehr Klarheit bringen, fordern die Wissenschaftler.
Im Abwasser kann Triclosan zu Methyl-Triclosan abgebaut werden, welches eine wesentlich längere Halbwertszeit in der Umwelt aufweist. Methyl-Triclosan besitzt zudem ein sehr hohes Anreicherungspotenzial in Lebewesen über die Nahrungskette, heißt es auf der Webseite des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). In den USA belegt Triclosan den siebten Platz auf der Liste der Stoffe, die am häufigsten in Amerikas Flüssen nachgewiesen werden. Auch in den Körperflüssigkeiten von Wildtieren kommt Triclosan nachweislich vor. Bei einem jährlichen, weltweiten Produktionsvolumen von rund 1.500 Tonnen wundert das kaum.
Die gute Nachricht: Triclosan reichert sich offenbar nicht im Körper an. „Ist der Körper dem Stoff nicht mehr ausgesetzt, wird Triclosan ziemlich schnell ausgeschwemmt. Da der Stoff aber quasi universell vorkommt, ist auch die Exposition allgegenwärtig“, erklärt Dr. Rolf Halden von der Arizona State University. Unter seiner Leitung hatte ein Team aus Wissenschaftlern die Triclosan-Belastung schwangerer Frauen und ihrer Föten untersucht. „Wir haben Triclosan im Urin aller Schwangeren, die an unserer Untersuchung teilgenommen haben, nachweisen können. Auch etwa die Hälfte aller Nabelschnurblutproben war positiv. Das bedeutet, dass Triclosan höchstwahrscheinlich auch in den Fötus gelangt", so der beteiligte Wissenschaftler Dr. Benny Pycke.
Gerade Krankenhauspersonal, das sich regelmäßig die Hände mit antibakteriellen Waschlotionen reinige, häufe besonders viel Triclosan im Körper an. Das zeigte eine Studie an Mitarbeitern zweier Krankenhäuser, die zum Händewaschen entweder ein Reinigungsmittel mit einem Triclosan-Anteil von 0,3 Prozent oder lediglich Wasser und Seife benutzen. Die Mitarbeiter, die regelmäßig die Triclosan-haltige Waschlotion benutzten, hatten signifikant mehr Triclosan im Urin als die Seifen-Gruppe. Immerhin: In Lebensmitteln und in Materialien, die direkt mit Nahrung in Berührung kommen, darf Triclosan europaweit seit 2010 nicht mehr eingesetzt werden. Im Jahr 2012 räumte ein deutsch-slowakisches Forscherteam dem Stoff Platz sechs der problematischsten Stoffe in Europa ein. Das BfR warnt seit mehreren Jahren, den Stoff bei Waschmitteln und Textilien einzusetzen und bei der US-amerikanischen Arzneimittelzulassungsbehörde FDA wird das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Stoffes gegenwärtig erneut überprüft. Ob das zu strengeren Richtlinien führen wird, bleibt abzuwarten.