Die SPRINT-Studie erntete viel Lob – und Kritik. Eine aktuelle Sekundäranalyse beschäftigt sich mit der Frage: Was bleibt nach Jahren vom kardiovaskulären Nutzen des niedrigen Blutdrucks übrig?
Die SPRINT-Studie ist eine wichtige Bluthochdruckstudie, die zur Klärung des Zielblutdrucks beiträgt. Die Studie wurde am 11. September 2015 wegen der Überlegenheit eines Therapiearms vorzeitig beendet. Die Ergebnisse deuteten auf einen erheblichen Vorteil einer strikten Blutdruckeinstellung – auch bei älteren Patienten – hin. In einer aktuellen Sekundäranalyse der SPRINT-Studie unter Beteiligung von Experten der University of Minnesota wurden nun die langfristigen Auswirkungen der Bluthochdrucktherapie auf die kardiovaskuläre Mortalität und die Gesamtmortalität untersucht. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift JAMA Cardiology publiziert.
In der ursprünglichen SPRINT-Studie aus dem Jahr 2015 wurden 9.361 Menschen mit einer bestehenden arteriellen Hypertonie untersucht, welche bereits mindestens 50 Jahre alt waren. Die Teilnehmer wurden in einem nächsten Schritt in zwei Gruppen randomisiert. Die erste Gruppe hatte das Ziel, ein systolisches Blutdruckziel von weniger als 120 mmHg zu erreichen, was als Intensivbehandlung angesehen wurde. Die zweite Gruppe verfolgte das Ziel eines systolischen Blutdrucks von weniger als 140 mmHg, was als Standardbehandlung betrachtet wurde.
In der initialen SPRINT-Studie wurde bereits festgestellt, dass bei Teilnehmern eine Absenkung des systolischen Blutdrucks auf weniger als 120 mmHg mit vorteilhaften Auswirkungen auf die Mortalität verbunden war. Bei den Teilnehmern, die die Intensivbehandlung erhielten, reduzierte sich die Rate kardiovaskulärer Ereignisse, wie beispielsweise von Herzinfarkten, Herzversagen und Schlaganfällen, um 25 Prozent. Zusätzlich war eine solche Behandlung auch mit einem um 27 Prozent geringeren Risiko für einen vorzeitigen Tod verbunden, verglichen mit einem systolischen Ziel-Blutdruck von 140 mmHg.
Die Ergebnisse der Studie wurden kontrovers diskutiert. Neben anderen kritischen Punkten entzündet sich die Kritik z. B. an der Durchführung der Blutdruckmessung. Diese erfolgte nach mindestens 5-minütiger Ruhe mit einem automatischen Gerät in einem separaten Raum ohne Anwesenheit ärztlichen oder nichtärztlichen Personals. Außerdem waren die SPRINT-Ergebnisse nur für eine bestimmte Gruppe von Risikopatienten repräsentativ. So blieben etwa Patienten mit Diabetes oder jene mit Schlaganfall in der Vorgeschichte von der Teilnahme ausgeschlossen.
In der aktuellen Sekundäranalyse der SPRINT-Studie wurden schließlich die Daten des National Death Index miteinbezogen und zusätzlich die elektronischen Gesundheitsakten der Teilnehmer auf ambulante Messungen des Blutdrucks analysiert. Die Autoren wollten so die langfristigen Auswirkungen einer intensiven Behandlung des Blutdrucks identifizieren.
Über einen medianen Interventionszeitraum von 3,3 (2,9–3,9) Jahren war eine intensive Behandlung sowohl für die kardiovaskuläre Mortalität (Hazard Ratio [HR], 0,66; 95 % KI, 0,49–0,89) als auch die Gesamtmortalität (HR, 0,83; 95 % KI, 0,68–1,01) vorteilhaft. Allerdings zeigte sich bei dem medianen Gesamt-Follow-up von 8,8 (8,3–9,3) Jahren kein Nutzen mehr für eine reduzierte kardiovaskuläre Mortalität (HR, 1,02; 95 % KI, 0,84–1,24) oder Gesamtmortalität (HR, 1,08; 95 % KI, 0,94–1,23). Neben einem abnehmenden Nutzen der Intensivbehandlung für die kardiovaskuläre Sterblichkeit konnte bei den Teilnehmern der Intensivbehandlungsgruppe ein allmählicher Anstieg des Blutdrucks dokumentiert werden.
Vier oder fünf Jahre nach Abschluss der Studie konnte kein Unterschied mehr zwischen den Gruppen beim systolischen Blutdruck festgestellt werden. „Dies mache deutlich, dass es nicht ausreicht, einen hohen Blutdruck lediglich einige Jahre zu überwachen und zu behandeln. Die Behandlung von Bluthochdruck stelle eine lebenslange Aufgabe dar. Die Aufrechterhaltung und Anpassung der Therapie für einen Zielwert unter 120 mmHg sei entscheidend für die Senkung der kardiovaskulären Mortalität in der Bevölkerung“, so die Autoren der Studie.
Es bleibt abzuwarten, welche klinischen Konsequenzen aus dieser Sekundäranalyse zu ziehen sind, denn die ursprünglichen kritischen Punkte der initialen SPRINT-Studie bleiben bestehen.
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