Ältere Patienten, die in Pflegeheimen leben, erhalten unnötig hoch dosierte Antihypertonika. Ein Ziel muss sein, Risikopatienten zu identifizieren – aber nicht die breite Masse zu therapieren. Darüber hinaus sind Ärzte gefordert, Präparate zu verordnen, die sich für Senioren eignen.
Arterielle Hypertonie ist längst zur Volkskrankheit geworden – mehr als 20 Prozent aller Personen sind betroffen. Bei Menschen der Altersgruppe 50 plus hat sogar jeder zweite Bürger erhöhte Werte. Betroffene laufen Gefahr, Schlaganfälle oder Herzinfarkte zu erleiden. Doch wie therapieren?
Aus wissenschaftlicher Sicht ist die früher geläufige Regel, Blutdruckwerte möglichst stark zu reduzieren, längst überholt – vor allem bei Personen mit Durchblutungsstörungen des Herzens. Ansonsten gelten Zielvorgaben von unter 140/90 mmHg. Senioren über 70 ohne besondere Risiken profitieren von stärkeren Absenkungen kaum. Bei Patienten mit Herzproblemen sind 130/90 mmHg anzustreben, und bei Diabetikern 135/90 mmHg. Nicht immer muss gleich zum Rezeptblock gegriffen werden. Wer abspeckt, verliert pro Kilogramm Gewichtsreduktion bis zu 1,5 mmHg.
In der Praxis sieht die Sachlage jedoch anders aus, berichtet Reinhold Kreutz, Berlin. Der Pharmakologe besuchte zusammen mit Kollegen zwölf Pflegeeinrichtungen. Vor Ort erfassten Mitarbeiter die Medikation und den Blutdruck von Heimbewohnern. Wenig erstaunlich: Neun von zehn Senioren litten unter Hypertonie. Zur Therapie erhielten 84 Prozent mindestens ein Präparat; 41 Prozent wurden mit drei oder vier Pharmaka eingestellt. Kreutz störte sich nicht nur an den Zahlen. Vielmehr wählten Ärzte ungeeignete Wirkstoffe aus. Diuretika standen bei mehr als 60 Prozent der Senioren auf dem Rezept. Wer zu wenig trinkt, muss mit Elektrolytstörungen rechnen. Bleibt als Rat, Blutdruckwerte bei Heimbewohnern regelmäßig zu kontrollieren und die Medikation gegebenenfalls anzupassen.