Untersuchungen zur Früherkennung seltener Erkrankungen scheitern oft an der Aussagekraft von Biomarkern. Beim HPV-bedingten Rachenkrebs haben Forscher nun eine Antikörper-Kombination getestet, die vielversprechend erscheint.
Oropharynxkarzinome sind bösartige Tumoren im Mund-Rachenraum und werden verhältnismäßig selten diagnostiziert. Dennoch tritt die Krebsart immer häufiger auf. Grund dafür könnten die steigenden Infektionen mit humanen Papillomviren (HPV) – insbesondere HPV16 – sein, die krebserregend wirken. Oropahrynxkarzinome bilden keine bekannten Vorläufer-Läsionen und werden daher meist spät festgestellt, wenn sie sich schon in benachbarte Lymphknoten ausgebreitet haben.
Bei über 90 % aller Patienten mit HPV-bedingten Oropharynxkarzinomen sind Serum-Antikörper gegen das HPV16-Protein E6 nachweisbar. Dennoch sind sie als Biomarker ungeeignet: „Da HPV-bedingte Oropharynxkarzinome in der breiten Bevölkerung so selten sind, ist die positive Vorhersagekraft eines HPV16 E6-Nachweises vergleichsweise gering. Das heißt, von den Menschen, die Antikörper gegen HPV16 E6 aufweisen, wird die überwiegende Mehrheit nicht an HPV-bedingtem Krebs erkranken“, erläutert Virologe Tim Waterboer.
Waterboer und sein Team versuchten daher einen aussagekräftigeren Biomarker zu finden und beobachteten, dass Menschen mit HPV-bedingten Rachenkrebs auch Antikörper gegen andere HPV16 Proteine ausbilden: Sie wiesen E1, E2 und E7-Antikörper nach, die während der Frühphase der Virusinfektion gebildet werden. Bei Personen, die nicht an HPV-bedingten Tumoren erkrankt sind, finden sich diese so gut wie nie. Die Wissenschaftler vermuteten daher, dass ein kombinierter Nachweis von Antikörpern gegen HPV16 E6 und mindestens einem weiteren frühen HPV16-Protein die Vorhersagekraft einer Screening-Untersuchung deutlich verbessern könnte. Dies überprüfte das Forscherteam nun in einer großangelegten Studie.
Dazu überprüften die Virologen Blutproben von fast 4.500 symptomlosen Probanden auf die Antikörperkombination. Dabei stellten sie fest, dass 0,3 % der Personen seropositiv für HPV16 E6 plus ein weiteres frühes HPV16-Protein waren. Tatsächlich entwickelten drei dieser elf Probanden im folgenden Jahr ein HPV-bedingtes Oropharynxkarzinom. Dank des Antikörperscreenings konnte die Erkankung jedoch in Stadium 1 diagnostiziert und erfolgreich behandelt werden.
Das Antikörper-Screening könnte nun helfen, die Lebensqualität von Betroffenen deutlich zu verbessern. „In einem frühen Stadium können Oropharynxkarzinome vergleichsweise schonend behandelt werden, sodass die Patienten kaum therapiebedingte Einschränkungen haben“, so Waterboer. Er betont, dass es sich bei der Studie um eine Machbarkeitsuntersuchung handelt. „Vielfach bestand die Erwartung, dass ein Screening auf Oropharynxkrebs auf Grund der Seltenheit der Erkrankung unweigerlich zu einer inakzeptabel hohen Rate von falsch positiven Ergebnissen führen würde. Diese Befürchtung konnten wir durch die kombinierte Antikörper-Analyse ausräumen.“
Die Forscher möchten weitere Biomarker finden und bildgebende Verfahren in das Früherkennungs-Screening aufnehmen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Finja Petersen, unsplash.