Bei der Suche nach den Auslösern des Cushing-Syndroms konnten auf molekularer Ebene Mechanismen aufgedeckt werden. Eine Genmutation in der sogenannten Ubiquitin-spezifischen Protease 8 führt zu einem fatalen Recycling-Prozess.
Gesteuert wird die Cortisolausschüttung in der Nebenniere vom Adrenocorticotropin (ACTH), das in der Hirnanhangdrüse produziert wird. Bildet sich dort ein gutartiger Tumor, produziert die Drüse ungebremst ACTH und treibt somit auch den Cortisolspiegel nach oben. Wie das genau geschieht, war bislang allerdings unklar. „Wir konnten jetzt erstmals zeigen, dass in den Tumorzellen bei über einem Drittel der Patienten eine spezielle Genveränderung eines Enzyms vorliegt, der sogenannten Ubiquitin-spezifischen Protease 8“, erklärt Martin Fassnacht. Ausgangspunkt dieser Entdeckung sei die genaue genetische Charakterisierung von gutartigen Hirnanhangsdrüsentumoren, die ACTH produzieren, gewesen, so einer der Erstautoren der Publikation, Dr. Silviu Sbiera.
Die Ubiquitin-spezifische Protease 8, kurz USP8, übernimmt eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, im Zellinneren nicht mehr benötigte Proteine zu recyclen. Das gilt auch für den Epidermal-Growth-Factor-Rezeptor: Dieser wird immer dann in der Zelle abgebaut und entsorgt, wenn das USP8-Gen gerade mal nicht aktiv ist. Wie die Wissenschaftler zeigen konnten, führt die jetzt entdeckte Genmutation dazu, dass USP8 dauerhaft angeschaltet bleibt. In der Folge werden also permanent nicht benötigte Proteine des Epidermal-Growth-Factor-Rezeptors recycelt anstatt – wie es eigentlich der Fall sein sollte – entsorgt zu werden. „In einer lebensbedrohlichen Kettenreaktion wird dann zunächst ACTH, und anschließend Cortisol ungezügelt produziert“, erklärt Fassnacht. „Die USP8-Mutationen stellen eine bedeutende Entdeckung dar. Sie eröffnen ganz neue diagnostische und therapeutische Ansätze zur Behandlung des Cushing-Syndroms“, ergänzt Martin Reincke von der LMU. Originalpublikation: Mutations in the deubiquitinase gene USP8 cause Cushing’s disease Silviu Sbiera et al.; Nature Genetics, doi: 10.1038/ng.3166; 2014