Neuer Fußboden im Wohnumfeld von Schwangeren erhöht deutlich das Risiko von Kleinkindern, im ersten Lebensjahr an Atemwegsbeschwerden zu leiden. Es empfiehlt sich daher, zumindest während der Schwangerschaft und im ersten Lebensjahr nicht zu renovieren.
Grob geschätzt könnten so allein in Deutschland pro Jahr zirka 20.000 Fälle von pfeifender Atmung (Giemen) bei Kleinkindern vermieden werden, schreiben Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und des Städtischen Klinikums „St. Georg“ Leipzig. Ursache dieser Gesundheitsbelastungen können erhöhte Konzentrationen von flüchtigen organischen Verbindungen (kurz: VOC) wie Styrol oder Ethylbenzol in den Wohnräumen sein, die aus den neuen Fußböden ausdünsten und dann über die Atemluft aufgenommen werden. „Wir raten daher davon ab, in Wohnungen von Schwangeren Laminat, Teppichboden oder Fußbodenbelag neu zu verlegen. Zwar sind die Konzentrationen dieser flüchtigen Chemikalien geringer, wenn kein Kleber beim Verlegen verwendet wird, aber selbst dann reichen die Konzentrationen immer noch aus, um das Risiko der Kleinkinder, in den ersten Monaten an Atemwegsbeschwerden zu leiden, deutlich zu erhöhen“, erklärt Dr. Ulrich Franck vom UFZ. Besonders gefährdet sind Kinder, deren Mutter oder Vater bereits unter Asthma, Heuschnupfen oder anderen allergischen Erkrankungen gelitten haben. Bei diesen Kindern verfünffacht sich das Risiko. Frühere Studien aus Leipzig hatten bereits gezeigt, dass die Schadstoffe aus den Wohnungsrenovierungen zu Veränderungen im Immunsystem der Schwangeren führen. „So konnten wir zum Beispiel eine verstärkte Typ 2-Immunantwort feststellen, die eine wichtige Rolle bei der Entstehung allergischer Reaktionen spielt. Das Design unserer Langzeitstudie mit einer umfangreichen Bewertung von Umweltbelastungen vor und nach der Geburt bietet uns die einmalige Chance, die Auswirkungen dieser Belastungen auf Erkrankungen der Kinder zu erforschen. Unseren Ergebnissen zufolge scheinen Belastungen mit flüchtigen Chemikalien in der Schwangerschaft bedeutsamer zu sein als im ersten Lebensjahr“, schlussfolgert Dr. Irina Lehmann vom UFZ, die die LiNA-Studie zu Lebensstil und Umweltfaktoren und deren Einfluss auf das Neugeborenen-Allergierisiko leitet. Bei der Auswertung der Daten zeigte sich, dass Renovierungen nach der Geburt des Kindes viel geringere Auswirkungen auf Atemwegsprobleme hatten als während der Schwangerschaft. Daher die Empfehlung, mit neuen Fußböden bis weit nach der Geburt zu warten.
Die Untersuchungen wurden im Rahmen der LINA-Studie durchgeführt, die Mutter-Kind-Paare seit der Schwangerschaft beobachtet, um die Auswirkungen von Umwelteinflüssen und Lebensgewohnheiten auf Gesundheit und Wohlbefinden zu erforschen. Die LINA-Studie schließt sowohl regelmäßige Fragebogenerhebungen als auch Schadstoffmessungen in den Wohnungen und deren Umfeld sowie Labor- und ärztliche Untersuchungen ein. In die jetzt veröffentlichte Studie flossen Daten von insgesamt 465 Leipziger Müttern und deren Kindern ein. Die Renovierungen in den Wohnungen wurden per Fragebogen ermittelt und die Schadstoffbelastung per Passivsammler gemessen. Über zwei Drittel der Familien renovierten bereits während der Schwangerschaft die Wohnung. In jeder sechsten Wohnung wurde dabei auch der Fußboden erneuert. Originalpublikation: Prenatal VOC exposure and redecoration are related to wheezing in early infancy Ulrich Franck et al.; Environment International, doi: 10.1016/j.envint.2014.08.013; 2014