Eine Infektion mit dem HI-Virus reduziert die Lebenserwartung von Infizierten. Doch altern Betroffene auch schneller? Forscher haben sich den Alterungsprozess genauer angesehen und dabei signifikante Veränderungen festgestellt.
Betroffene, die mit dem HI-Virus infiziert sind, haben eine geringere Lebenserwartung als nicht-infizierte Menschen. Frühere Forschungsergebnisse deuten außerdem daraufhin, dass nicht nur eine Infektion selbst, sondern auch die antiretroviralen Therapien – mit denen die Infektion unter Kontrolle gehalten werden soll – mit einem früheren Auftreten altersbedingter Probleme verbunden sind.
Ein Forscherteam wollte nun wissen, ob eine Infektion tatsächlich den Alterungsprozess beschleunigt und welche biologischen Prozesse dahinterstecken. Dazu analysierten sie Blutproben von HIV-positiven Probanden, die sechs Monate vor der Infektion und einige Jahre danach entnommen worden waren und verglichen diese mit Proben einer HIV-negativen Kontrollgruppe. Die Wissenschaftler wollten wissen, wie genau sich das HI-Virus auf die epigenetische DNA-Methylierung auswirkt – ein Prozess, mit dem Zellen aufgrund physiologischer Veränderungen Gene an- oder abschalten können.
Für den Vergleich von HIV-positiven und nicht-infizierten Personen, bestimmte das Team fünf epigenetische Messgrößen des Alterns. Vier davon sind sogenannte epigenetische Uhren – also Einheiten, die das biologische Alter schätzen und nicht das chronologische Alter beschreiben. Mit der fünften Messgröße wurde die Länge der Telomere gemessen, der schützenden kappenartigen Enden der Chromosomen. Diese werden mit zunehmendem Alter bei der Zellteilung immer kürzer, bis sie so kurz werden, dass eine Teilung nicht mehr möglich ist.
Und tatsächlich: HIV-infizierte Personen zeigten bei jeder der vier Messungen der epigenetischen Uhr eine signifikante Altersbeschleunigung zwischen 1,9 und 4,8 Jahren. Weiterhin wiesen sie die Probanden, die im Untersuchungszeitraum keine hochaktive antiretrovirale Behandlung erhielten, eine signifikante Verkürzung der Telomere auf. Die nicht-infizierten Probanden hingegen, zeigten keine vergleichbare Altersbeschleunigung. Somit habe eine Infektion innerhalb von zwei bis drei Jahren nach der Infektion bereits erhebliche Auswirkungen auf die Lebenserwartung von Infizierten, so die Experten. Die Lebensspanne könne sich also aufgrund der DNA-Veränderungen um bis zu fünf Jahre verkürzen.
Eine HIV-infizierte Immunzelle. Quelle: National Institute of Allergy and Infectious Diseases.
Laut der Studienautoren gäbe es als kaum Zweifel an der Rolle von HIV bei der Auslösung einer verfrühten biologischen Alterung. Dennoch weisen sie auf Einschränkungen der Studie hin: Die Probanden waren ausschließlich Männer und die späteren Auswirkungen einer antiretroviralen Behandlung konnten nicht berücksichtigt werden. Die Ergebnisse unterstreichen dennoch die entscheidende Bedeutung einer frühzeitigen HIV-Diagnose sowie den Wert der HIV-Prävention: „Unser langfristiges Ziel ist es, festzustellen, ob wir eine dieser Merkmale nutzen können, um vorherzusagen, ob eine Person ein erhöhtes Risiko für bestimmte altersbedingte Krankheiten hat, um so neue Angriffspunkte für therapeutische Maßnahmen zu finden“, sagt Erstautorin Prof. Beth Jamieson.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der University of California – Los Angeles Health Sciences. Hier findest du die Originalpublikation.
Bildquelle: Danie Franco, unsplash.