Wissenschaftler haben verschiedene Mutationen des Hepatitis-E-Virus untersucht und möglicherweise eine Antwort auf die Frage gefunden, wie das Virus das Immunsystem austrickst und Antikörper verbraucht.
Über drei Millionen Menschen infizieren sich jedes Jahr mit dem Hepatitis-E-Virus, dem Hauptverursacher akuter Virushepatitiden. Akute Infektionen heilen bei Patienten mit intaktem Immunsystem normalerweise von selbst aus, Betroffene mit reduziertem Immunsystem können jedoch chronisch erkranken und daran versterben. Auch für schwangere Frauen ist HEV besonders bedrohlich. Bislang gibt es kein spezifisch wirksames Medikament.
Ein wichtiger Abwehrmechanismus gegen virale Infektionen sind Antikörper, die meist an die Oberflächenproteine des Virus binden und dieses unschädlich machen. Viele Viren haben Strategien entwickelt, sich dieser Identifizierung zu entziehen: Während einer Infektion mit dem Hepatitis-E-Virus entstehen durch zufällige Mutationen besonders viele solcher Varianten, die innerhalb einer infizierten Person nebeneinander existieren können. Der antivirale Wirkstoff Ribavirin, den viele chronisch Infizierte erhalten, kann die Bildung solcher viralen Varianten sogar noch verstärken.
Ein Forschungsteam wollte daher wissen, welche Faktoren für das Virus im Laufe seines Vermehrungszyklus wichtig sind und wie es ihm gelingt, die Infektion aufrechtzuerhalten. Dazu untersuchten sie acht solcher Virusvarianten aus Proben chronisch infizierter und mit Ribavirin behandelter Patienten. Das Team wollte wissen: Bringen die genetischen Veränderungen Vor- oder Nachteile für das Virus mit sich? Haben sie zum Beispiel Einfluss auf die Vermehrungsfähigkeit oder die Infektiosität?
Bei der Analyse der Mutationen fanden die Forscher Veränderungen, die es dem Virus möglicherweise erlauben, das Immunsystem auszutricksen: „Während sich sieben der untersuchten Mutationen genauso verhielten wie der Wildtyp, haben wir bei einer Mutante Unterschiede feststellen können“, berichtet Erstautorin Toni Meister. Diese Mutation betrifft das Capsidprotein, welches für die Verpackung der Viruspartikel essenziell ist. „Die Viren mit dieser Mutation werden falsch zusammengesetzt, sind vermutlich kleiner als das Wildtypvirus, und das Capsidprotein reichert sich nicht in der Zelle an“, erläutert Studienautor Daniel Todt. Diese Partikel sind nicht infektiös, werden aber von Antikörpern des Immunsystems korrekt erkannt und gebunden. „Hierin könnte ein Vorteil für das Virus liegen, wenn diese defekten Viren die Antikörper praktisch abfangen, sodass nicht mehr genug vorhanden sind für korrekt zusammengesetzte, infektiöse Viruspartikel“, mutmaßt Studienautorin Eike Steinmann. Die Autoren hoffen nun, dass ihre Erkenntnisse dazu beitragen können, wirksame Therapien zu entwickeln.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Ruhr-Universität Bochum. Hier geht es zur Originalstudie.
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