Seltene Krankheiten sind oft heutzutage schon schwer zu diagnostizieren. Wie war das dann vor 1.000 Jahren? Forscher fanden jetzt den ältesten klinischen Fall des Klinefelter-Syndroms.
Das Klinefelter-Syndrom ist eine seltene genetische Erkrankung, bei der Menschen mit einer zusätzlichen Kopie des X-Chromosoms geboren werden, was bei etwa einer von 1.000 genetisch bedingten männlichen Geburten vorkommt. Ein internationales Forscherteam hat nun Beweise für die Existenz der Krankheit an einem 1.000 Jahre alten Skelett aus Portugal gefunden.
Das Team rund um Dr. João Teixeira begann mit der Analyse der genetischen Daten eines im Nordosten Portugals gefundenen Skeletts, das von Forschern der Universität Coimbra in Portugal mit Radiokohlenstoff auf das 11. Jahrhundert datiert worden war. „Wir waren sofort begeistert, als wir uns die Ergebnisse zum ersten Mal ansahen“, sagt Studien Dr. Teixeira. „Alte DNA ist jedoch oft von geringer Qualität und Häufigkeit, so dass wir zunächst vorsichtig waren.“
Aufgrund des guten Erhaltungszustands des Exemplars konnten die Forscher aber auch körperliche Merkmale des Klinefelter-Syndrom am Skelett feststellen. „Angesichts des fragilen Zustands der DNA haben wir eine neue statistische Methode entwickelt, die die Eigenschaften alter DNA und unsere Beobachtungen berücksichtigt, um die Diagnose zu bestätigen“, so Teixeira. „Während die Studie überzeugende Beweise für die genetische Geschichte des Klinefelter-Syndroms liefert, lassen sich aus der Diagnose aber keine soziologischen Schlüsse ziehen.“
„Unsere Forschung zeigt das immense Potenzial der Kombination verschiedener Beweislinien zur Untersuchung der menschlichen Vergangenheit und der Häufigkeit verschiedener Gesundheitszustände im Laufe der Zeit“, so Teixeira. Die Ergebnisse werden dazu beitragen, einen historischen Datensatz für das Klinefelter-Syndrom zu erstellen und das Verständnis für die Verbreitung des Syndroms in der Geschichte der Menschheit zu verbessern.
Professor Bastien Llamas, Leiter der Molekularen Anthropologie am Australischen Zentrum für Alte DNA, dazu: „In den letzten Jahren hat die alte DNA dazu beigetragen, die Geschichte der menschlichen Populationen weltweit neu zu schreiben. Unsere Studie zeigt, dass sie jetzt eine wertvolle Ressource für die biomedizinische Forschung und das wachsende Feld der Evolutionsmedizin ist.“
Die Forscher schlagen vor, dass ihre neue Methode zur Analyse dieses speziellen Skeletts weiter verbessert werden kann, um verschiedene Chromosomenanomalien bei anderen archäologischen Proben, einschließlich des Down-Syndroms, zu untersuchen.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Australian National University. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Debby Hudson, unsplash