Die global angesehene „Planetary Health Diet“ erntet Kritik von der DGE. Neben vielen Gemeinsamkeiten mit deutschen Ernährungsempfehlungen gebe es einen entscheidenden Punkt, der hierzulande so nicht umgesetzt werden sollte, mahnt die Gesellschaft.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) ordnet in einer Stellungnahme die Ernährungsempfehlungen der Planetary Health Diet ein. Ziel der Publikation ist es, die international von vielen Experten als globale Referenzernährung für eine nachhaltige Ernährungsweise herangezogene Planetary Health Diet hinsichtlich ihrer Ableitung, ihrer Lebensmittelmengen sowie ihrer praktischen Umsetzung zu betrachten. Da die unkritische und teilweise starre Anwendung der Ernährungsempfehlungen nicht unproblematisch ist, gibt die DGE auch eine Einordnung in Bezug auf die lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen. Dazu wurden die vorgeschlagenen Lebensmittelmengen der Planetary Health Diet den Orientierungswerten der DGE gegenübergestellt sowie mit Verzehrdaten aus Deutschland verglichen.
Grundsätzlich haben beide Ernährungsweisen vieles gemeinsam und bieten Spielraum für individuelle, flexible Anpassungen. Sie sind pflanzenbetont und bevorzugen Vollkornprodukte und Öle mit ungesättigten Fettsäuren. Die Zufuhr an tierischen und hoch verarbeiteten Lebensmitteln, gesättigten Fettsäuren sowie Zucker soll eingeschränkt werden. Bei Gemüse und Obst, Fleisch, Fisch und Eiern sowie Ölen sind die Lebensmittelmengen der Planetary Health Diet und die Orientierungswerte der DGE sehr ähnlich.
Die Planetary Health Diet ist ein globales Konzept, um eine Weltbevölkerung von 10 Mrd. Menschen im Jahr 2050 mit Fokus auf die Einhaltung der planetaren Grenzen zu ernähren. Neben der Deckung des Energie- und Nährstoffbedarfs ist es das Ziel, ernährungsmitbedingte Krankheiten sowie die Gesamtsterblichkeit zu reduzieren. Die in Deutschland abgeleiteten DGE-Empfehlungen sollen die Bevölkerung mit allen Nährstoffen gesundheitsfördernd und bedarfsgerecht ernähren. Auch hier fließen evidenzbasierte Erkenntnisse zur Prävention ernährungsmitbedingter Krankheiten sowie Nachhaltigkeitsaspekte ein. Dabei sind die DGE-Empfehlungen auf die Ernährungsgewohnheiten, die lokale Lebensmittelproduktion und kulturellen Gegebenheiten in Deutschland abgestimmt.
„Wesentliche Unterschiede zeigen sich aus der globalen versus deutschlandspezifischen Betrachtung und bei der Ableitung der Lebensmittelmengen, vor allem bei Milch und Milchprodukten“, sagt Prof. Bernhard Watzl, Vizepräsident der DGE und Vorsitzender der DGE-Arbeitsgruppe lebensmittelbezogene Ernährungsempfehlungen.
Die Planetary Health Diet empfiehlt max. 500 g Milchäquivalente pro Tag, d.h. Milchprodukte werden in die zu ihrer Herstellung verwendete Milch umgerechnet. Für die Orientierungswerte der DGE ergibt sich umgerechnet in Milchäquivalente eine Spanne von 596–728 g/Tag, damit liegen sie deutlich höher als die der Planetary Health Diet. Dieser Unterschied beruht in erster Linie auf der Verwendung unterschiedlicher Grundlagen für eine adäquate Calciumzufuhr. Die Planetary Health Diet nimmt hierfür eine wesentlich geringe Menge als die Referenzwerte der D-A-CH-Gesellschaften oder der WHO an. Besonders kritisch ist dies für die Gruppe der Kinder und Jugendlichen.
Auch in der Energiezufuhr ergeben sich Unterschiede. Während die Planetary Health Diet von 2.500 kcal/Tag ausgeht und nicht nach Alter und Geschlecht differenziert, liegt die Spannweite bei der DGE bei 1.600–2.400 kcal/Tag. Die tatsächliche mittlere Energiezufuhr liegt in Deutschland laut Nationaler Verzehrsstudie II (NVS II) bei ca. 2.000 kcal/Tag. Eine tägliche Energiezufuhr von 2.500 kcal könnte ohne gesteigerte körperliche Aktivität das Übergewichts- und Adipositas-Problem in Deutschland noch verstärken.
Die verzehrten Lebensmittelmengen in Deutschland weichen erheblich von den Angaben der beiden Ernährungsempfehlungen ab. Die Daten der NVS II zeigen, dass es bei der Ernährungsweise insgesamt Optimierungsbedarf gibt. Die Zufuhr von Gemüse, Fisch und Öl liegt deutlich unter den Orientierungswerten der DGE sowie den Empfehlungen der Planetary Health Diet, während bei rotem Fleisch und Zucker die Zufuhr deutlich höher ist. Die Ernährungswirklichkeit in Deutschland steht damit im deutlichen Kontrast zu den beiden Ernährungsempfehlungen. Dieser Aspekt stellt die zentrale Herausforderung für die Umsetzung einer gesundheitsfördernden und nachhaltigeren Ernährung dar.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Die Stellungnahme haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Diana Polekhina, unsplash