Acinetobacter baumannii ist eines der gefährlichsten antibiotikaresistenten Bakterien weltweit. Forscher haben nun herausgefunden, wie es an verschiedenen Oberflächen anhaftet – und schlagen Gegenmaßnahmen vor.
Infektionen im Zusammenhang mit Krankenhäusern und medizinischen Geräten stellen weltweit ein großes Problem im Gesundheitswesen dar. Sie hängen mit der Fähigkeit von Krankheitserregern zusammen, sowohl biotische als auch abiotische Oberflächen zu besiedeln. „Der panantibiotikaresistente Acinetobacter baumannii ist einer der problematischsten Erreger für Gesundheitseinrichtungen weltweit und steht derzeit auf der Prioritätenliste der Weltgesundheitsorganisation für die Entwicklung neuer Antibiotika ganz oben“, sagt Anton Zavialov, Leiter des Gemeinsamen Biotechnologischen Labors an der medizinischen Fakultät der Universität Turku, Finnland.
Zavialovs Forschungsgruppe entdeckte einzigartige Oberflächenstrukturen, die es Acinetobacter baumannii und verwandten pathogenen Bakterien ermöglichen, medizinische Geräte zu besiedeln und Patienten zu infizieren. „Diese Entdeckung könnte bei der Bekämpfung vieler bakterieller Infektionen helfen, da derselbe Mechanismus der Oberflächenanhaftung von vielen wichtigen bakteriellen Krankheitserregern genutzt wird, einschließlich Pseudomonas aeruginosa, dem zweitwichtigsten Krankheitserreger auf der WHO-Liste“, sagt Zavialov.
Acinetobacter baumannii ist in der Lage, medizinische Geräte mit Hilfe von archaischen Chaperon-Pili (ACU-Pili) zu besiedeln. ACU-Pili sind haarähnliche Proteinfasern, die auf der Oberfläche vieler pathogener Bakterien zu finden sind. Mit Hilfe der Kryo-Elektronenmikroskopie fanden die Forscher heraus, dass die Pili eine einzigartige ultradünne Zickzack-Architektur aufweisen. Die Fasern heften das Bakterium mit winzigen klebrigen fingerartigen Strukturen an ihren Enden fest an verschiedene biotische und abiotische Oberflächen. Sobald die klebrigen Finger die Oberfläche umklammert haben, lässt sich die Faser nur noch schwer ablösen, da sie sich dehnen kann, indem sie ihre Konformation von der Zickzackform in eine lineare Form ändert.
„Dieses Phänomen ist Seglern gut bekannt. Es ist heute üblich, dehnbare Elemente in Festmacherleinen zu verwenden, um Boote in relativ rauem Wasser sicher zu vertäuen. Wenn man sich ein Bakterium von der Größe eines Menschen vorstellt, dann sind die Befestigungsfasern dieses Riesenbakteriums immer noch 100-mal dünner als menschliche Hände. Die Fähigkeit, sich zu dehnen, ist entscheidend, damit diese dünnen Fasern den hohen Scherkräften standhalten können, denen Bakterien in ihrer Umgebung ausgesetzt sind“, erklärt Zavialov.
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die einzigartige Zickzack-Struktur der Fasern auch eine wichtige Rolle bei ihrer Abgabe an die Bakterienoberfläche spielt. Die Fasern werden aus dem Inneren des Bakteriums durch seine äußere Membran in der verlängerten linearen Konformation abgesondert. An der Oberfläche ändern sie ihre Konformation in eine Zickzackform, die verhindert, dass sie in das Bakterium zurückrutschen. Theoretisch können wir Medikamente entwickeln, die diese Konformationsänderung verhindern. Solche Medikamente würden die Biogenese der Fasern blockieren und die Anhaftung der Bakterien verhindern“, schließt Henri Malmi, Doktorand in Zavialovs Forschungsgruppe.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Universität Turku. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: CDC, Unsplash