Internisten, aufgepasst: Diabetiker und Hypertoniker sollten auf schlafbezogene Atemstörungen gescreent werden, wenn sie über Schnarchen berichten. So lautet eine aktuelle Empfehlung der DGIM.
Die „Klug entscheiden“-Initiative der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) hat es sich zur Aufgabe gemacht, die medizinische Versorgung in Deutschland zu verbessern. Inspiriert vom US-amerikanischen Vorbild „Chose Wisely“ will die Kampagne dafür sorgen, dass Ärzte unnötige Diagnose- und Therapieverfahren vermeiden und hebt sinnvolle, aber häufig nicht durchgeführte Maßnahmen hervor.
Dr. Christian Gogoll, Pneumologe aus Berlin stellte aus seinem Fachbereich diese Woche zwei „Klug Entscheiden“-Empfehlungen vor. Hier präsentieren wir euch seine erste Empfehlung:
Hintergrund dieser aktuellen Empfehlung ist, dass inzwischen alle Internisten ohne Schwerpunkt eine Polygraphie zur Diagnostik einer schlafbezogenen Atemstörung abrechnen können. Und das sollten sie auch tun, denn die Frage, ob die oben genannten Patienten zusätzlich eine Schlafapnoe aufweisen, ist alles andere als trivial. Kurzfristige Folgen wie Tagesmüdigkeit oder Konzentrationsstörungen sind noch das kleinere Übel.
Problematisch sind vorallem die langfristigen Folgen: Eine schlafbezogene Atemstörung führt zu enormem körperlichem Stress in der Nacht und dadurch zu einer Entgleisung des Stoffwechsels. Das erklärt auch, warum Schlafapnoe einen Diabetes sogar verschlimmern kann. Betroffene haben zudem ein deutlich erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und das Risiko eines ungünstigen Krankheitsverlaufs. Deswegen ist die Diagnose und angemessene Therapie einer schlafbezogenen Atemstörung bei Patienten mit Vorerkrankungen besonders wichtig.
In der Praxis geht die Diagnostik so: Um die Vortestwahrscheinlichkeit festzustellen, eignen sich 2 Verfahren. Zum einen findet die Epworth Sleepiness Scale Anwendung, bei der ermittelt wird, wie wahrscheinlich ein Patient in verschiedenen Situationen einnickt, etwa beim Fernsehen oder als Beifahrer einer einstündigen Autofahrt. Der Arzt vergibt für jede abgefragte Situation eine entspechende Punktzahl von 0 (nicht wahrscheinlich) bis 3 (sehr wahrscheinlich) – je höher die Punktzahl, desto wahrscheinlicher ist das Vorliegen einer schlafbezogenen Atemstörung.
Das zweite Testverfahren ist der STOP-BANG-Test, bei dem der Arzt ebenfalls Punkte vergibt. Die Abkürzung steht für:
Beide Testverfahren lassen sich kombinieren, um die Prätestwahrscheinlichkeit zu ermitteln. Bei einer hohen Wahrscheinlichkeit sollte der Arzt anschließend eine kardiorespiratorische Polygraphie durchführen.
Seit dem 1. April 2022 können auch Internisten ohne Schwerpunkt die Erlaubnis zur Abrechnung von Polygraphien erhalten. Auf Betreiben der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) die entsprechende Qualitätssicherungsvereinbarung angepasst. Voraussetzung dafür ist die erfolgreiche Teilnahme an einem 30-Stunden-Kurs. Darin erneuern die Ärzte ihr Fachwissen zu schlafbezogenen Atmungsstörungen sowie zur Handhabung der Polygraphie-Untersuchungsmethode. Die Genehmigung zur Abrechnung der Behandlung erhalten Ärzte auf Antrag von ihrer kassenärztlichen Vereinigung.
Bildquelle: Konstantine Trundayev, Unsplash