Die Köhlmeier-Degos-Krankheit ist sehr selten und bislang unheilbar. Einem deutschen Forschungsteam ist es nun gelungen, bei einer Patientin eine Ursache für die Krankheit zu finden und eine erfolgreiche Therapie in die Wege zu leiten.
Seltene Erkrankungen sind eine Herausforderung für Patienten, Angehörige und die behandelnden Ärzte. Solche Erkrankungen sind schwer zu diagnostizieren und verursachen zum Teil schwerwiegende körperliche und geistige Einschränkungen. Häufig gibt es keine Therapie. Die Köhlmeier-Degos-Krankheit ist mit wenigen hundert Fällen weltweit extrem selten. Die Betroffenen leiden unter einer Entzündung der Haut und der Gefäße, die auch innere Organe oder das Gehirn schädigen und damit lebensbedrohlich sein kann. Die Ursache für die Degos-Krankheit war bislang unbekannt und als Therapie stand nur die mäßig erfolgreiche Behandlung mit Gerinnungshemmern zur Verfügung.
Die betroffene Patientin aus der Studie hatte bei der Einweisung in die Charité Universitätsmedizin Berlin schon einen Diagnosemarathon hinter sich und es ging ihr sehr schlecht. Vieles sprach für eine entgleiste Entzündungsreaktion mit Schäden innerer Organe wie Herz- und Skelettmuskel, des peripheren Nervensystems und des Gehirns, sodass das Krankheitsbild als Köhlmeier-Degos-Erkrankung eingeordnet wurde. Über einen speziellen diagnostischen Test stellte das Team um Prof. Dr. Elke Krüger, Direktorin des Institutes für Medinische Biochemie und Molekularbiologie der Universitätsmedizin Greifswald, eine überaktive Immunantwort mit dem Botenstoff Interferon fest. Interferon wird normalerweise in Antwort auf eine Virusinfektion ausgeschüttet und regt Immunzellen zur Bekämpfung des Virus an.
Eine genetische Analyse erhärtete den Verdacht: Eine bisher unbekannte Mutation im Interferon-Rezeptor verursachte diese ungebremste Entzündungsreaktion mit Organschäden. „Mechanistisch führt diese genetische Veränderung zu einem Anteil verkürzter Interferon-Rezeptoren, die nicht mehr an der Zelloberfläche von Immunzellen verankert sind und für deren Überaktivierung sorgen“, erklärt Erstautor Dr. Frédéric Ebstein vom Institut für Medinische Biochemie und Molekularbiologie der Universitätsmedizin Greifswald. Mit dem molekularen Verständnis konnte nunmehr eine passende Therapie gesucht werden.
Ein Wirkstoff, der in den Interferonsignalweg eingreift und weiterleitende Enzyme der Signalkaskade hemmt, brachte bereits Behandlungserfolg: Der JAK-Inhibitor Baricitinib konnte die überschießende Entzündungsreaktion teilweise unterdrücken. In der Fachliteratur war ein weiteres potenziell passendes, aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht zugelassenes Medikament beschrieben, das direkt an den Interferon-Rezeptor bindet. Dabei handelte es sich um den monoklonalen Antikörper Anifrolumab, der für die Behandlung von systemischem Lupus erythematosus entwickelt wurde. Nach Rücksprache mit dem Hersteller konnte das Team um Prof. Dr. Angela Kaindl in Berlin die Patientin mit diesem Medikament erfolgreich behandeln. Die Entzündungswerte gingen weitgehend zurück und es geht ihr besser.
Die Greifswalder Forscher wiederum konnten auch im Labor die veränderten Interferon-Rezeptoren der Patientin mit dem eingesetzten Medikament blockieren und die Überaktivität von Immunzellen der Patientin wirksam unterdrücken. Damit ist auch der molekulare Wirkmechanismus in diesem speziellen Fall bestätigt. Ob das Medikament nun auch anderen Patienten mit Degos-Krankheit helfen kann, ist eine Frage, die weiter erforscht werden muss.
Dieser Artikel beruht auf einer Pressemitteilung der Universität Greifswald. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Andrei Slobtsov, unsplash.