Alzheimer-Nervenzellen machen den gleichen Wechsel in ihrem Metabolismus durch wie Krebszellen. Diese Erkenntnis könnte wichtig für die Entwicklung neuer Behandlungsmethoden sein.
Die Ursachen der sporadischen Alzheimer-Krankheit geben im Vergleich zur besser erforschten, genetisch bedingten, vererbaren Form der Krankheit noch mehr Rätsel auf. Das Team um Jerome Mertens im Neural Aging Laboratory am Institut für Molekularbiologie der Uni Innsbruck verwendet induzierten Neuronen (iNs) – Nervenzellen, die aus Hautzellen von Patienten gezüchtet werden und das Alter sowie alle weiteren epigenetischen Daten der Patienten enthalten –, um ein besseres Verständnis der Krankheit zu erhalten.
Basierend auf vorangegangenen Ergebnissen konnten Larissa Traxler und ihre Kollegen in der Arbeit bestätigen, dass Alzheimer-Nervenzellen den gleichen Wechsel in ihrem Metabolismus durchmachen wie Krebszellen.
„Unsere bisherigen Untersuchungen haben bereits gezeigt, dass Alzheimer-Neuronen Krebszellen sehr ähnlich sind – mit dem großen Unterschied, dass Krebszellen unkontrolliert wachsen und Alzheimer-Neuronen unkontrolliert absterben“, erklärt Traxler, Post-Doc am Institut für Molekularbiologie. „In der vorliegenden Arbeit haben wir uns deshalb speziell auf den Metabolismus der Alzheimer-Nervenzellen fokussiert und diesen mit dem sehr spezifischen und gut erforschten Metabolismus von Krebszellen verglichen.“
Links: In-vitro Kultur (scale = 50 µm) von induzierten Neuronen (rot) von Alzheimer-Patienten enthalten viel PKM2 (grün). Rechts: PKM2 (grün) wird auch in Neuronen (rot) im post-mortem Gehirn von Alzheimer-Patienten gefunden. Credit: Larissa TraxlerDiese Untersuchungen bestätigten die Ähnlichkeit: Der sogenannte Warburg-Effekt – ein Wechsel im Stoffwechsel von Krebszellen vom Erwachsenen- ins Embryonalstadium – tritt auch bei Alzheimer-Nervenzellen auf. „Alzheimer-Neurone machen einen sehr ähnlichen Wechsel zum embryonalen Metabolismus durch wie Krebszellen. Da in Nervenzellen allerdings, sobald sie sich zu teilen beginnen, der Zelltod eingeleitet wird, sterben diese anders als Krebszellen, die sich unkontrolliert vermehren, ab“, erläutert Traxler.
In der Krebstherapie gibt es bereits Wirkstoffe, die speziell auf diesen Warburg-Effekt abzielen. Hierfür wird insbesondere auf das Protein Pyruvat Kinase M2 (PKM2), abgezielt. PKM2 wird vermehrt in Krebszellen, aber auch in den Alzheimer-Neuronen produziert, und gilt als einer der Hauptregulatoren in dem Wechsel zum embryonalen Metabolismus.
„Wir haben im Zellversuch überprüft, ob diese PKM2-Modulatoren auch bei Alzheimer-Nervenzellen wirken. Erfreulicherweise konnten wir zeigen, dass die Wirkstoffe, die den Warburg-Effekt in Krebszellen inhibieren, auch bei Alzheimer-Nervenzellen dazu führen, dass die Nervenzellen ihr Erwachsenenstadium länger beibehalten“, erklärt Traxler. Im nächsten Schritt wollen die Molekularbiologen nun daran arbeiten, diese Wirkstoffe für alternde Nervenzellen zu optimieren und sie zu modifizieren, dass sie optimal ins Gehirn gelangen und dort gegen Alzheimer wirken können.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Universität Innsbruck. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Josh Riemer, unsplash