Als Schwangere fühle ich mich oft überfordert: Was darf ich noch essen und welche Untersuchungen brauche ich? Meine Frauenärztin und die Hebamme sind sich jedenfalls nicht einig. Wem soll ich vertrauen?
Schwanger! Als ich den positiven Test in der Hand hielt – in Zeiten von Corona sei ergänzt, dass es die Art von Test war, bei dem ich mich über die zwei Striche gefreut habe –, ging das Gefühlschaos los. Was mach ich jetzt? Worauf muss ich achten?
Erstmal machte ich weitere Tests, die ebenfalls zwei Striche anzeigten. Also Anruf beim Arzt. Weil ich sehr früh dran war, musste ich mit dem Termin zum Ultraschall noch etwas warten. Parallel fing ich sofort an, mich zu informieren, worauf man bei einer Schwangerschaft achten muss, besonders in den ersten zwölf Wochen. Denn trotz grundsätzlichem Vorwissen und medizinischem Interesse ändert sich mit dem positiven Test in der Hand schlagartig sehr viel. Was darf ich jetzt nicht mehr essen? Womit gefährde ich vielleicht die Schwangerschaft?
Es ist unvorstellbar, wie viele Informationen alleine das Internet zu bieten hat: was man wie nicht zu essen hat, warum eventuell der Verzehr von diesem oder jenem problematisch sein könnte und so weiter. An dieser Stelle daher mein wichtigster Tipp an alle Schwangeren: Versucht, in Maßen zu googlen. Klar, nachschlagen will frau immer, das ist nicht zu verhindern und wer es komplett ohne schafft, vor derjenigen ziehe ich den Hut. Aber überlegt euch immer gut, bei welcher eurer Frage ihr unbedingt die Meinung von tausend weiteren Frauen, Ärzten oder anderen Menschen in den unzähligen Foren hören wollt.
Nach gut 10 Tagen hatte ich meinen Arzttermin mit Ultraschall zur Feststellung der Schwangerschaft. Wegen Corona sind Partner in der Praxis immer noch nicht erlaubt, ich saß also alleine dort. Den Kerl brauch ich dafür ja auch eigentlich nicht, dachte ich. Allerdings war mir bis dahin auch nicht klar, dass ich in dem Termin direkt sehr viele Fragen beantworten musste, mit denen ich mich noch nicht beschäftigt hatte. Will ich häufiger als dreimal einen Ultraschall in der Schwangerschaft? Das kam mir doch recht wenig vor, was meine Gyn-Praxis genauso sah. Will ich Pränataltests durchführen lassen? Wenn ja, welche genau?
Für die finale Entscheidung konnte ich zum Glück einige Flyer mit nach Hause nehmen, die ich dann doch mit meinem Partner durchgegangen bin. Auch wenn das Ganze informativ war, stand ich dann eben zuhause überfragt da, ob ich nun das Ersttrimester-Screening machen sollte oder ob ein NIPT-Test eigentlich reicht. Braucht man das auch alles? Aber den Organultraschall in der 23. Woche sollte man schon machen lassen, oder? Das alles führte bei mir erstmal zu noch mehr Unsicherheit, dabei bin ich sonst überhaupt kein unsicherer Mensch. Und dann kam das erste Gespräch mit meiner Hebamme.
Um eine Hebamme hatte ich mich in der 8. Woche gekümmert, womit ich eigentlich schon viel zu spät dran war, aber das ist eine andere Geschichte. Meine Hebamme ist eine super toughe, liebe Frau, die mich bei unserem ersten Gespräch in Ruhe abholte und mich aufklärte, in welchem Rahmen sie mich vor und nach der Geburt betreuen könnte. Auch eine Vorsorge in Abstimmung mit meiner Frauenärztin wäre möglich. Dann kamen wir zu Punkten wie Ernährung, Voruntersuchungen und Ultraschall – und ich fand mich in einem Gespräch mit völlig anderer Meinung und Beurteilung der Situation wieder.
Viele Ansichten beruhigten mich. Wie die Info, dass man nicht unzählig viele Nahrungsergänzungsmittel nehmen müsse (das sah meine Gynäkologin genauso), wenn man sich ausgewogen ernährt und sowieso wäre das hier in Deutschland auch manchmal alles übertrieben mit der Sorge vor schlechten Lebensmitteln. Lediglich Folsäure sollte ich die ersten drei Monate nehmen (und die nehme ich jetzt immer noch, da meine Gynäkologin mir geraten hat, bis Ende der Stillzeit weiterzumachen).
Sorgen und Bedenken, die besonders durch meine Online-Recherche entstanden waren, konnte die Hebamme durch ihre ruhige, aber bestimmte Einschätzung wegwischen. Sie fand es auch nicht nötig, mehr als dreimal in der Schwangerschaft zu schallen, während meine Gynäkologin das anders sah und ich mich auch bereits für zusätzliche Ultraschall-Termine entschieden hatte. Das berichtete ich fast schon als Beichte, was die Hebamme aber dann auch in Ordnung und verständlich fand. Sie hob den großen Ultraschall besonders hervor, denn da würde man wirklich einmal alles durchgehen, das wäre sehr gut und würde reichen. „Was einmal am Kind dran ist und funktioniert, geht darin auch nicht verloren“, sagte sie und zeigte auf meinen Bauch.
Nach dem Hebammentermin besprach ich mit meiner Gyn-Praxis, dass ich die Vorsorge gern im Wechsel durchführen wollte. Das kam aus Sicht meiner Ärztin nicht in Frage, da sie die Verantwortung für meine Schwangerschaft und die Gesundheit meines Kindes mittrage. Erst ab der 30. Woche wäre eine Vorsorge im Wechsel möglich, da sie mich dann trotzdem noch alle vier Wochen sehen würde. Also sagte ich meiner Hebamme die Vorsorge wieder ab, was sie nicht weiter überraschte, da sie vorher schon das Gefühl hatte, dass das bei meiner Gynäkologin nicht gern gesehen würde.
Die unterschiedlichen Ansichten von Gynäkologin und Hebamme wurden noch zusätzlich befeuert durch den Austausch mit anderen Schwangeren wie meiner Schwester, die teilweise ganz andere Informationen erhalten hatte als ich. Sie nahm die Folsäure nicht so lang und die nächste Freundin, die ich fragte und die bereits stillt, nahm sie immer noch. Alle kannten die Situation, dass sich Gynäkologin und Hebamme nicht in allem so einig waren. Das fand ich schade, denn das Vertrauen in diese beiden Experten erscheint mir so wichtig.
Mit weiterem unkompliziertem Verlauf meiner Schwangerschaft nahm das Gefühl der Unsicherheit ab und ich gewann mehr Vertrauen in mich selbst. Ich wusste besser, was ich mache, worauf ich achte und wobei ich mich nicht verrückt machen lasse. Jetzt bin ich also angekommen in einer schönen Schwangerschaft, bei der ich wieder mehr auf mich, mein Selbstbewusstsein und meine Instinkte höre. Freundliche Kommentare von selbsterklärten Fachexperten aus meinem Bekanntenkreis zu meinem Bauch („Der ist ja schon groß“, „Wo soll denn das noch hingehen?“, „ET im November? Da habe ich neulich aber einen deutlich größeren Bauch gesehen“) kann ich jetzt entspannt ignorieren. Das hätte ich mir auch für den Anfang meiner Schwangerschaft gewünscht.
Beim Thema Schwangerschaft schwirren so viele Informationen durch die Welt – nicht immer fachlicher Art. Für junge Schwangere wie mich ist das eine schwierige Situation. Entscheidet man sich also, in den ersten 12 Wochen auf seine Gynäkologin und Hebamme zu vertrauen, wäre es schön, wenn diese Berufsgruppen noch enger miteinander arbeiten und nicht völlig unterschiedliche Ansichten und Tipps weitergeben würden. Ich glaube, viele Frauen, mögen sie sonst noch so hart im Nehmen sein, sind am Anfang der Schwangerschaft verunsichert und wünschen sich einfach eine einheitliche, gute Betreuung. Und eins ist gewiss: Das Vertrauen, was wir in euch Ärzte und Hebammen setzen, ist groß. Bestärkt uns doch bitte in diesem Gefühl, anstatt uns durch Widersprüche zu verunsichern.
Die Autorin ist der Redaktion bekannt, möchte aber anonym bleiben.
Bildquelle: RAIS, unsplash.