Gibt es so etwas wie einen „ruhigen Geist“? Wissenschaftler sagen: Ja. Er wirkt sich auf die Stabilität der neuronalen Prozesse aus – und somit auch auf die menschliche Selbstkontrolle.
Menschen mit einem „ruhigeren Geist“ – ihre neuronalen Prozesse dauern im Schnitt länger und wechseln im Vergleich zu anderen weniger hin und her – haben eine höhere Selbstkontrolle. Zu diesem Ergebnis kommt ein Team von Wissenschaftlern der Universität Freiburg, der University of Alberta, Kanada und des Universitätsspitals Bern, Schweiz. Ihre Forschungsarbeit wird im Fachjournal Psychological Science veröffentlicht. Das akzeptierte Paper ist bereits jetzt als Preprint online abrufbar.
„Selbstkontrolliertes Verhalten ist wichtig, um langfristige Ziele zu erreichen – beispielsweise, wenn wir auf hochkalorische Lebensmittel verzichten, um überschüssige Pfunde loszuwerden“, erklärt Dr. Bastian Schiller. Warum fällt das einigen Menschen leichter als anderen? Sind diese individuellen Unterschiede in einer grundlegend anderen Organisation des Gehirns begründet? Um Antwort auf diese Fragen zu finden, registrierten die Freiburger Forscher die elektrische Gehirnaktivität von über 50 Versuchspersonen während sich die Personen im entspannten Wachzustand befanden.
Zudem erfassten die Wissenschaftler auf unterschiedlichen Wegen die Selbstkontrollfähigkeiten der Teilnehmer: im Selbstbericht, in Verhaltensaufgaben und anhand der Gehirnaktivität, während sie diese Aufgaben ausführten. Die Ergebnisse aus der an der Universität Freiburg durchgeführten Studie konnten in einer zweiten, an der Universität Alberta, Kanada durchgeführten Kooperationsstudie mit mehr als 100 Probanden bestätigt werden.
„Es ist erstaunlich, dass wir einen robusten Zusammenhang zwischen aufgabenunabhängiger neuronaler Verarbeitung und Selbstkontrollfähigkeiten nachweisen können“, erläutert Dr. Tobias Kleinert vom Institut für Psychologie der Universität Freiburg. Sein Kollege Schiller betont: „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Menschen mit höherer Selbstkontrolle über einen ruhigeren Geist verfügen, der per se weniger ablenkende Impulse erzeugt.“ Prof. Markus Heinrichs ergänzt: „Diese Befunde sind von großer Bedeutung für ein besseres Verständnis klinischer Störungsbilder, die mit defizitären Selbstkontrollprozessen einhergehen.“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Ante Hamersmit, unsplash