Wie für alle anderen Knorpeldefekte, gilt auch für Meniskusschäden: Der Körper regeneriert sie nur unzureichend. Orthopäden setzen auf chirurgische Verfahren, teilweise ohne Mehrwert für die Patienten. Druckverfahren mit Stammzellen lassen auf neue Therapieoptionen hoffen.
Deutschland hat Knie: Schätzungen zufolge leiden zwischen 30 und 60 Prozent aller Menschen über 60 an Schmerzen im Kniegelenk. Grund genug für häufige Arthroskopien in der orthopädischen Praxis. Weltweit werden pro Jahr rund vier Millionen Arthroskopien mit Débridement oder Lavage durchgeführt. Und bei einer Meniskusruptur sind Teilresektionen Mittel der Wahl. Neue Studien werfen ein schwaches Licht auf die Eingriffe.
Jetzt hat Moin Khan, Ontario, sieben randomisierte, klinische Studien zum Thema Arthroskopie ausgewertet. Er kam auf insgesamt 805 Patienten. Sie litten an Knieschmerzen, wobei Orthopäden allenfalls eine leichte Gonarthrose diagnostizierten. Endoskopisch oder per MRT ließen sich nur geringfügige Meniskusschäden nachweisen. Khan berichtet in funktioneller Hinsicht von kurzfristigen Erfolgen beim Débridement, verglichen mit konservativen Therapien. Eine statistische Signifikanz konnte er nicht finden. Zu ähnlichen Resultaten kam Khan bei der Auswertung von analogen Schmerzskalen. Auch hier fand der Forscher keinen Mehrwert von Arthroskopien.
Damit nicht genug: Weisen Orthopäden bei Patienten mit Kniegelenkschmerzen einen degenerativen Meniskusriss nach, greifen sie häufig zum Skalpell. Ihre Strategie: gerissene Teile entfernen und Knorpel stabilisieren. Raine Sihvonen aus dem finnischen Tampere fragte sich, ob der Eingriff Sinn macht. Zusammen mit Kollegen nahm er 146 Patienten in eine randomisierte, kontrollierte Studie auf. Alle Teilnehmer hatten Knieschmerzen. Bei ihnen bestand der Verdacht eines Meniskusrisses, aber ohne Gelenkarthrose. Dann folgte eine Arthroskopie mit tatsächlicher oder scheinbarer Teilresektion des Meniskus. Zwölf Monate später hatte sich die Schmerzintensität auf einer Skala mit zehn Punkten um drei Einheiten verringert – in beiden Gruppen, wohlgemerkt. Vor der OP waren es sechs Punkte. Beide Gruppen verbesserten sich auch anhand der Tegner Lysholm Knee Scoring Scale. Ihre Werte stiegen auf der funktionellen Skala von rund 60 auf 80 Punkte an. Auch hier fand Sihvonen keinen Mehrwert hinsichtlich der Teilresektion.
Andere Methoden schnitten mit Ausnahme von NSAIDs keineswegs besser ab. Zuletzt sprach Kent Kwoh aus Tucson, Arizona, Glucosamin jeglichen Mehrwert ab. Hyaluronsäure-Spritzen bekommen in den US-Leitlinien zur konservativen Behandlung der Gonarthrose das Prädikat „unsicher“. Und intraartikuläre Kortikoidinjektionen sind nur geeignet, um Schmerzen kurzfristig zu bekämpfen. Bleibt in schwerwiegenden Fällen noch, einen Spendermeniskus aus Gewebebanken zu verwenden. Künstliche Implantate gewinnen ebenfalls an Bedeutung. Nur liegt der Misserfolg entsprechender Eingriffe je nach Material und Situation nach zehn Jahren bei bis zu 30 Prozent. Jetzt ruhen alle Hoffnungen auf der Wissenschaft. Nach ersten Erfolgen im Tierexperiment setzte C. Thomas Vangsness Jr., Los Angeles, Stammzellen bei Patienten ein. Zusammen mit Kollegen aus sieben Zentren rekrutierte er 55 Teilnehmer. Bei ihnen war zuvor mindestens die Hälfte des medialen Meniskus entfernt worden. Sie erhielten innerhalb von einer Woche postoperativ 50 beziehungsweise 150 Millionen allogene Stammzellen als Bolusinjektion in den Schleimbeutel. In der Kontrollgruppe gab es nur eine zellfreie Lösung. Ärzte untersuchten in größeren Zeitabständen via MRT das Meniskusvolumen und ließen Patienten verschiedene Skalen zur Schmerzwahrnehmung ausfüllen. Während es zu einer signifikanten Linderung von Schmerzen kam, blieb unklar, ob Meniskusgewebe in deutlichem Maße regeneriert worden ist. Als Grund geben die Forscher methodische Mängel an.
Aus den USA kommen jetzt neue Impulse, um Stammzellen gewinnbringend einzusetzen. Jeremy J. Mao, New York, greift auf dreidimensionale Druckverfahren zurück. Entsprechende Geräte haben die Medizin seit einigen Jahren revolutioniert – bisher ging es oft um Implantate. Maos Ansatz: Ausgehend von kernspintomographischen Bilddaten des Kniegelenks gestaltete er am Computer den idealen Meniskus. Per angeschlossenem 3D-Drucker entstanden Implantate auf Basis von biologisch abbaubarem Polycaprolacton – mit einer Genauigkeit von zehn Mikrometern. Im Labor gaben Biologen allogene Stammzellen hinzu. Soweit, so bekannt. Im Unterschied zu früheren Experimenten setzen Forscher jetzt zwei Wachstumsfaktoren zu: den CTGF (connective tissue growth factor) und anschließend den TGF beta3 (transforming growth factor beta3). Durch regional unterschiedliche Applikationen erhielten sie tatsächlich ein Implantat mit Typ-II-Kollagen im Kern und Typ-I-Kollagen in der äußeren Schicht. Anschließend bekamen Schafe kollagenhaltige oder proteinfreie, maßangefertigte Implantate. Nach vier bis sechs Wochen hatte sich in der Kollagengruppe neues, meniskusartiges Knorpelgewebe gebildet, nicht aber in der Vergleichsgruppe. Langzeitdaten fehlen bislang. Zwar lassen sich Daten aus dem Tierexperiment nicht immer auf Menschen übertragen. Allerdings spricht viel für den Erfolg von Stammzellen, schon durch ältere Arbeiten. Jenseits aller Zweifel betonen die Autoren, dass es momentan kaum medizinische Alternativen gibt: viele Gründe für eine klinische Studie.