Die WHO hat die zwei Varianten des Affenpockenvirus umbenannt. Auch das Virus selbst soll einen neuen Namen bekommen. Das ist aber komplizierter als man denkt.
Seit 2015 existieren von der WHO offizielle Regeln zur Benennung von Krankheitserregern, um Stigmatisierungen zu vermeiden. So ist es etwa tabu, Erreger nach Personen, Ländern oder Tieren zu benennen. Deswegen wurden Medien während der Corona-Pandemie dazu angehalten, die neu auftauchenden Varianten – wie die umgangssprachlich so genannte „britische Variante“ – lieber als B.1.1.7 und später als Alpha zu bezeichnen.
Auch im Fall der Affenpocken wollen Gesundheitsbehörden den Namen ändern, um negative Assoziationen mit dem afrikanischen Kontinent, aber auch mit Affen (zum Wohle des Tierschutzes) zu vermeiden. Doch hier ist die Sache etwas komplizierter.
Als Affenpocken 1958 erstmalig beschrieben wurden, war es noch übliche Praxis, Viren danach zu benennen, welches Tier sie infizieren oder wo man sie entdeckt hat. Im Fall von Affenpocken waren das eben Affen – auch wenn man heute weiß, dass Affen nicht die einzigen Wirte sind.
Seit Mitte August heißen zumindest die beiden Varianten des Affenpockenvirus nicht mehr wie die afrikanischen Regionen, in denen sie zuerst gefunden wurden. Die WHO verkündete in einer Mitteilung folgende Namen: Klade I als Bezeichnung für die zentralafrikanische Klade und Klade II für die westafrikanische Klade. Letztere hat zudem zwei Subvarianten, die mit Buchstaben gekennzeichnet werden: Klade IIa und IIb. Sequenzanalysen legen nahe, dass für die aktuellen Ausbrüche außerhalb Afrikas die Klade IIb verantwortlich ist. Manche Wissenschaftler finden aber, dass diese eine dritte Viruslinie darstellt. Einig ist man sich in dem Fall noch nicht.
Für Diskussion sorgt auch: ob und wie man das Affenpockenvirus – und nicht nur die Varianten – sowie die Krankheit, die es verursacht, benennen soll. Während die WHO bezüglich eines neuen Krankheitsnamens schon online Vorschläge annimmt, obliegt die offizielle Benennung von Viren dem International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV). Das Komitee hat zwar schon einen Prozess zur Umbenennung des Affenpockenvirus gestartet, allerdings könnte es noch bis Juni nächsten Jahres dauern, bis sich das Komitee geeinigt hat.
Das liegt daran, weil eine Expertengruppe des ICTV zufälligerweise mitten in der Überarbeitung der Namen der verschiedenen Pockenvirusarten steckt. Sie sollen Vorschläge für neue binomische Namen für alle Pockenviren ausarbeiten – die Deadline dafür ist im nächsten Juni. Laut Virologe Colin McInnes, Mitglied der Expertengruppe, die zuständig für Pockenviren ist, könnte der „neue“ englische Name lauten: Orthopoxvirus monkeypox. „Das ist zum jetzigen Zeitpunkt sicherlich der mehrheitliche Vorschlag“, sagt er.
Die Expertengruppe sei sich der wachsenden Unzufriedenheit über den Namen Affenpocken bewusst und er habe Verständnis für die Bedenken wegen der Stigmatisierung. Allerdings sagt McInnes: „Wir haben noch keine endgültige Entscheidung getroffen, aber ich würde sagen, dass die Mehrheit des Ausschusses dafür war, den Namen Affenpocken beizubehalten, allein schon wegen der Gefahr, dass all die frühen wissenschaftlichen und epidemiologischen Forschungen, die es gibt, verloren gehen. Und das ist offensichtlich eine ganze Menge.“
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