Die Debatte um das gesunde Maß an Salz ist um eine Arbeit reicher: Eine aktuelle Studie zeigt, dass Nachsalzen das Leben verkürzt. Also Finger weg vom Salzstreuer?
Wie viel Salz gesund ist, wurde schon oft und kontrovers diskutiert. Bekannt ist, dass ein zu hoher täglicher Salzkonsum ein erheblicher Risikofaktor für Bluthochdruck und damit auch für die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere Schlaganfall, ist. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, täglich nicht mehr als 6 Gramm Salz zu sich zu nehmen. Die WHO hat eine Empfehlung von höchstens fünf Gramm ausgesprochen. Und die aktuell von einer Forschergruppe um Dr. Lu Qi, Tulane University in New Orleans, publizierte Studie liefert neuen Zündstoff für die Debatte.
In der Studie, die im European Heart Journal erschienen ist, wurden die Daten von 501.379 Teilnehmern am UK-Biobank-Projekt im Vereinigten Königreich analysiert. Die Probanden wurden zu Beginn der Untersuchung unter anderem danach befragt, ob und wie häufig sie auf dem Tisch stehende Speisen nachsalzen. Das Nachsalzen sei laut Qi ein ungefähres Maß dafür, wie groß die individuelle Vorliebe für salzig schmeckende Lebensmittel und die gewöhnliche Salzzufuhr eines Menschen ist. Nach Einschätzung der Forschergruppe macht bei Tisch zusätzlich verwendetes Salz in den westlichen Industrieländern zwischen 6 % und 20 % der gesamten Salzzufuhr aus. An der Studie nahmen 54,4 % Frauen teil und das mittlere Alter lag bei 56,5 Jahren.
Über die Hälfte der Teilnehmer (n = 277.931) gab an, nie oder nur sehr selten fertige Speisen nachzusalzen. Weitere 140.618 Personen taten dies nach eigenen Angaben „manchmal“ und 58.399 „für gewöhnlich“. Eine Minderheit (n = 24.431) salzte immer ihr auf dem Tisch stehendes Essen nach. Der mediane Follow-up-Zeitraum betrug 9 Jahre. In dieser Zeit kam es zu 18.474 dokumentierten Todesfällen. Die Auswertung der Daten ergab, dass mit zunehmender Verwendung von zusätzlichem Salz beim Essen das Mortalitätsrisiko graduell stieg (p-Wert für Trend: < 0,001). Bei Probanden, die „manchmal“ oder „für gewöhnlich“ nachsalzten, war die Risikoerhöhung in Relation zum Risiko von Personen, die nie Salz hinzufügten, noch moderat (Odds Ratio: 1,02 respektive 1,07). Allerdings hatten Personen, die ihrem Essen bei Tisch stets Salz zugaben, ein relativ um 28 % höheres Sterberisiko (Odds Ratio: 1,28).
Sowohl die kardiovaskuläre als auch die durch Krebs verursachte Mortalität nahm mit dem steigenden Salzkonsum durch Nachwürzen am Tisch zu. Die Zunahme der kardiovaskulären Mortalität korrelierte dabei primär mit einer Zunahme der durch Schlaganfälle bedingten Sterblichkeit. Dies galt allerdings nicht für die koronare Herzerkrankung. Auch die auf Demenz oder respiratorische Erkrankungen bedingte Mortalität stand in keiner Korrelation zur Menge des Nachsalzens.
Die Forschergruppe konnte zeigen, dass der Konsum von größeren Mengen Obst die nachteiligen Effekte des Nachsalzens zu einem moderaten Teil abpuffern kann. Der Verzehr von Obst und Gemüse hatte einen signifikanten Einfluss auf die Assoziation von Nachsalzen mit der Mortalität. So war die Beziehung zwischen der Häufigkeit des Nachsalzens und der Mortalität bei Personen, die viel Obst und Gemüse als Quelle von Kalium konsumierten, nicht mehr signifikant und insbesondere schwächer als bei Personen, die wenig davon zu sich nahmen (p-Wert für Interaktion: 0,02). Dieser Befund überraschte die Autoren nicht, weil Obst und Gemüse wichtige Quellen für Kalium sind, erläutert Qi. Kalium schützt bekanntermaßen vor Herzerkrankungen und Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes. Lebensstil, sozioökonomischer Status und vorbestehende Erkrankungen hatten keinen relevanten Einfluss auf die Mortalität bei gewohnheitsmäßigem Nachsalzen.
Absolut gesehen würde eine 50-jährige Frau nach Berechnungen der Forschergruppe durch stete Hinzugabe von Salz zum Essen ihr Leben um 1,5 Jahre verkürzen. Ein Mann im gleichen Alter würde, wenn er ebenfalls permanent nachsalzt, sogar 2,28 Jahre Lebenszeit verlieren. Ähnlich sieht es bei den 60-Jährigen aus. Hier verkürzt sich das Leben bei den Frauen um 1,37 Jahre und bei den Männern um 2,04 Jahre im Vergleich zu Personen, die nie nachsalzen.
Eine Limitation der Studie ist, dass die analysierte Population wegen der Freiwilligkeit der Teilnahme am UK-Biobank-Projekt nicht repräsentativ für die Allgemeinbevölkerung im Vereinigten Königreich sein könnte. Die Autoren postulieren, dass weitere Daten und Studien benötigt werden, um ihre Ergebnisse zu bestätigen.
Bildquelle: Yomex Owo, unsplash