US-amerikanische Zulassungsbehörden haben in 2014 gleich vier neuen Antibiotika den Weg geebnet. Entsprechende Pharmaka werden dringend benötigt, stehen europäischen Ärzten und Apothekern aber noch nicht zur Verfügung. Jetzt schlägt die EMA ein beschleunigtes Verfahren vor.
Rückblick auf ein erfolgreiches Jahr 2014: Die US Food and Drug Administration (FDA) hat in den letzten Monaten gleich vier neue, innovative Antibiotika zugelassen. Dalbavancin, Oritavancin und Tedizolid kommen bei akuten bakteriellen Haut- und Weichteilinfektionen (acute bacterial skin and skin structure infections, ABSSSI) zum Einsatz. Sollten Patienten an komplizierten Harnwegsinfektionen leiden, profitieren sie künftig von Ceftolozan plus Tazobactam.
Wie kam es zu dieser Entwicklung? Manche Wirkstoffe entstammen ursprünglich Pipelines von Branchengrößen wie Pfizer oder Eli Lilly, wurden aber nicht weiter entwickelt. Andere kommen aus den Labors kleinerer Firmen. Tatsache ist, dass eine Strategie aufzugehen scheint: Im Rahmen ihres GAIN Acts (Generating Antibiotics Incentives Now) lockt die FDA mit schnelleren Zulassungen und bietet einen um fünf Jahre verlängerten Patentschutz an. Das scheint Start-ups motiviert zu haben, selbst aktiv zu werden. Kritiker werfen jetzt der Europäischen Arzneimittelagentur EMA mangelnde Flexibilität vor. Oritavancin und Tedizolid sind noch im Zulassungsverfahren. Bei Ceftolozan plus Tazobactam erwarten Beobachter frühestens Mitte 2015 grünes Licht, und zu Dalbavancin hat sich die EMA Ende Dezember positiv geäußert.
Kein Einzelfall: Immer häufiger kritisieren Ärzte und Apotheker, dass europäische Mühlen derart langsam mahlen. Im Journal „Clinical Pharmacology & Therapeutics“ haben sich jetzt namhafte Experten zu Wort gemeldet, darunter auch EMA-Wissenschaftler. Sie fordern, Arzneimittel stufenweise auf den Markt zu bringen. Ihre Strategie, „Adaptive Pathways“ genannt, sieht vor, Zulassungen schon nach Erfolgen bei kleineren klinischen Studien auszusprechen – und zwar für ein überschaubares Patientenkollektiv. Auf Grundlage neuer Studiendaten könnten Hersteller bereits erteilte Zulassungen sukzessive erweitern. Behördenangaben zufolge haben bereits 29 Firmen Interesse am neuen Verfahren bekundet. Gerade bei bakteriellen Infektionen ist der Bedarf an Innovationen groß. Jüngestes Beispiel: Multiresistente Tuberkuloseerreger (MDR-Tbc) breiten sich weltweit immer stärker aus.