Demenz kann vermieden oder hinausgezögert werden – selbst bei Personen, die ein erhöhtes Risiko haben. Um im Alter gewappnet zu sein, muss dazu in jungen Jahren eine kognitive Reserve aufgebaut werden.
Zum ersten Mal zeigt eine Studie, dass der Aufbau einer lebenslangen psychischen Belastbarkeit – einer kognitiven Reserve – durch Bildung, Geselligkeit, Jobs und mehrere Freizeitaktivitäten, das Demenzrisiko verringern kann. Dies gilt auch für Personen mit geringer kindlicher Kognition oder genetischer Veranlagung für die Erkrankung. Die Studie wurde in Neurology veröffentlicht.
An der Studie nahmen 1.184 Personen teil, die 1946 in Großbritannien geboren wurden. Die Teilnehmer nahmen an kognitiven Tests teil, als sie acht Jahre alt waren und erneut, als sie 69 Jahre alt waren. Ein kognitiver Reserveindex kombinierte das Bildungsniveau der Menschen im Alter, die Teilnahme an bereichernden Freizeitaktivitäten im Alter von 43 Jahren und die Beschäftigung bis zum Alter von 53 Jahren. Ihre Lesefähigkeit im Alter von 53 Jahren wurde auch als Maß für das gesamte lebenslange Lernen unabhängig von Bildung und Beruf getestet.
Die Teilnehmer kognitiver Tests, welche im Alter von 69 Jahren durchgeführt wurden, hatten eine maximale Gesamtpunktzahl von 100. Die durchschnittliche Punktzahl für diese Gruppe war 92, mit der niedrigsten Punktzahl von 53 und der höchsten Punktzahl von 100.
Die Forscher fanden heraus, dass höhere kognitive Fähigkeiten in der Kindheit, ein höherer Index der kognitiven Reserve und eine höhere Lesefähigkeit in der Lebensmitte mit einer höheren Punktzahl im kognitiven Test im Alter von 69 Jahren verbunden waren. Für jede Einheit, um die die Testergebnisse in der Kindheit zunahmen, stieg das Ergebnis des kognitiven Tests im Alter im Durchschnitt um 0,10 Punkte. Für jede Einheit, um die der Index der kognitiven Reserve zunahm, stiegen die kognitiven Werte im Durchschnitt um 0,07 Punkte, und für jede Einheit, um die die Lesefähigkeit zunahm, stiegen die kognitiven Werte im Durchschnitt um 0,22 Punkte.
Personen mit einem Bachelor-Abschluss oder einem anderen Hochschulabschluss erzielten im Durchschnitt 1,22 Punkte mehr als Personen ohne formale Bildung. Personen, die sechs oder mehr Freizeitaktivitäten wie Volkshochschulen, Vereine, Freiwilligenarbeit, soziale Aktivitäten und Gartenarbeit ausüben, erzielten im Durchschnitt 1,53 Punkte mehr als Personen, die bis zu vier Freizeitaktivitäten ausüben. Beschäftigte in einem gehobenen oder mittleren Beruf erzielten im Durchschnitt 1,5 Punkte mehr als Beschäftigte in teilqualifizierten oder ungelernten Berufen.
Die Studie ergab auch, dass die Ergebnisse bei kognitiven Tests von Menschen mit einem höheren kognitiven Reserveindex und einer höheren Lesefähigkeit nicht so schnell abnahmen wie bei Menschen mit niedrigeren Ergebnissen, unabhängig von ihren Testergebnissen im Alter von acht Jahren.
Katherine Gray, Research Communications Manager bei der Alzheimer’s Society, sagt: „Diese Studie unterstützt eine beliebte Theorie – je mehr man sein Gehirn regelmäßig herausfordert, desto weniger wahrscheinlicher sind Gedächtnis- und Denkprobleme in späteren Jahren.“ Von der Kindheit bis zum Erwachsenenalter hatten Teilnehmer, die ihr Gehirn aktiv hielten – sei es in der Ausbildung, im Beruf oder durch die Teilnahme an komplexen Hobbys – im Alter von 69 Jahren bessere Denkfähigkeiten.
Frühere Studien haben gezeigt, dass Menschen mit niedrigen kognitiven Werten in der Kindheit mit größerer Wahrscheinlichkeit einen steileren kognitiven Rückgang im Alter haben als Menschen mit hohen Werten.
„Diese Ergebnisse sind aufregend, weil sie darauf hindeuten, dass die kognitiven Fähigkeiten im Laufe unseres Lebens von verschiedenen Faktoren beeinflusst werden und dass die Teilnahme an einem intellektuell, sozial und körperlich aktiven Lebensstil dazu beitragen kann, kognitiven Verfall und Demenz abzuwehren“, sagte Studienautorin Dr. Dorina Cadar, Brighton und Sussex Medical School.
Eine Einschränkung dieser Studie besteht darin, dass die Personen, die bis zum Alter von 69 Jahren an der Studie teilgenommen haben, möglicherweise gesünder sind, über insgesamt bessere Denkfähigkeiten verfügen und sozial besser gestellt sind als diejenigen, die die Studie nicht abgeschlossen haben. Dadurch könnten die Ergebnisse möglicherweise nicht die allgemeine Bevölkerung widerspiegeln.
Dieser Artikel beruht auf einer Pressemitteilung der University of Sussex. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Josh Applegate, unsplash