Stuhltransplantationen gelten als vielversprechender Therapieansatz. In einer Studie haben Wissenschaftler nun herausgefunden, welche Faktoren bei der Übertragung der Darmbakterien unbedingt beachtet werden sollten.
Das Mikrobiom des Darms spielt für die Gesundheit eine wesentliche Rolle: Viele Stoffwechsel- und Entzündungskrankheiten können mit einer Störung im mikrobiellen Ökosystem in Verbindung gebracht werden. Ein vielversprechender Therapieansatz für solche Krankheiten ist die Übertragung von Mikroben aus dem Darm von gesunden Spendern in den Magendarmtrakt der Patienten – die sogenannte Fecal Microbiota Transplantation (FMT), kurz Stuhltransplantation.
Bisher wusste man wenig über die Wechselwirkungen der Mikrobiome von Spendern und Patienten und darüber, welche Faktoren für eine erfolgreiche Ansiedelung notwendig sind. Ein Forscherteam entwickelte daher ein bioinformatisches Modell, anhand dessen sich die Auswirkungen der Therapie auf das Darmmikrobiom individueller Patienten vorhersagen sagen lassen sollen. Dazu werteten die neben selbst erfassten Daten auch Ergebnisse aus 14 weiteren klinischen Studien und damit von mehr als 250 mit Stuhltransplantation behandelten Personen aus.
Dabei fanden Studienleiter Prof. Fricke und sein Team bei sehr unterschiedlichen Patientengruppen und Erkrankungen gemeinsame Mechanismen für die Neuorganisation des Mikrobioms nach der Transplantation: Unabhängig von der zugrundeliegenden Erkrankung setzte sich nach der Transplantation für die meisten Bakterienarten nur ein Stamm durch. Die Därme der Patienten enthielten zumeist entweder den gleichen Stamm wie vor der Behandlung oder einen neuen, übertragenen Stamm, aber nur in seltenen Fällen eine Mischung. Die wichtigste Erkenntnis dabei: Je stärker das vorhandene Darmmikrobiom bereits vor der Transplantation geschädigt war oder durch eine Vorbehandlung mit Antibiotika beeinträchtigt wurde, desto erfolgreicher konnten sich die gespendeten Mikroben ansiedeln. In der Simulation mit ihrem Modell zeigte sich außerdem, dass die Anzahl übertragener Stämme von unterschiedlichen Spendern auf einzelne Patienten um einen Faktor von bis zu zehn schwanken kann. Dabei hing der Erfolg auch von der jeweiligen Kombination aus Patient und Spender ab.
„Im Grunde genommen hat die Transplantation das Ziel ein neues oder modifiziertes mikrobielles Ökosystem im Darm zu etablieren“, erklärt Prof. Dr. Fricke. „Normalerweise verhindert das Darmmikrobiom von gesunden Erwachsenen die Ansiedelung von eindringenden Mikroorganismen, die um dieselben ökologischen Nischen konkurrieren. Ist das natürliche Zusammenspiel gestört, können sich neue Mikroben besser ansiedeln oder vorhandene Stämme ersetzen“. Dies ist nach Meinung der Forscher auch der Grund dafür, warum eine Stuhltransplantation vor allem bei wiederkehrenden Infektionen mit dem Bakterium Clostridioides difficile eine Erfolgsrate von rund 90 % hat: Durch die wiederholte Einnahme von Antibiotika, ist das Darmmikrobiom massiv gestört – ideale Voraussetzungen für die Kolonisierung mit neuen Bakterien nach einer Stuhltransplantation. Bei einer Fäkal-Spende an Patienten mit der entzündlichen Darmerkrankung Colitis ulcerosa, schwerem Übergewicht oder einer Diabetes-Erkrankung fielen die Ergebnisse jedoch deutlich bescheidener aus. Dies könnte daran liegen, dass die Wissenschaftler bei diesen Erkrankten vor der Therapie ein weitgehend intaktes Darmmikrobiom vorfanden.
Fricke und seinem Team gelang es nach Auswertung der Daten also zwei Erfolgsfaktoren ausfindig zu machen: Sowohl eine antibiotische Vorbehandlung als auch eine Darmspülung vor der Transplantation führten bei den Patienten zu einer verstärkten Ansiedelung übertragener Mikroorganismen. Dabei müssen die Risiken einer solchen Vorbehandlung jedoch mit der Schwere des Krankheitsbildes und dem zu erwartenden Behandlungserfolg abgewogen werden. Das Modell könnte nun die Grundlage für personalisierte Ansätze der Stuhltransplantation bilden, wenn vor der Behandlung zunächst passende spendende und empfangende Personen ausgewählt werden. „Mit unserem Modell liefern wir einen Werkzeugkasten, mit dessen Hilfe man die Auswirkungen der Stuhltransplantation präzise vorhersagen und für Patient:innen individuell anpassen kann“, fasst Prof. Fricke den Nutzen zusammen. „Es ist ein Grundstein für zukünftige Entwicklungen von zielgerichteten, personalisierten Therapien zur Veränderung des Mikrobioms im Darm.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Universität Hohenheim. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Claire Mueller, unsplash.