Knapp 2 Millionen Menschen sind in Deutschland an Psoriasis erkrankt. Der Name geht auf den griechischen Begriff „psao = ich kratze“ zurück und weist auf eine isolierte Hauterkrankung hin. Doch Psoriasis ist eine hochkomplexe Systemerkrankung, wie ein Studienüberblick zeigt.
In der Studienreihe PsoCare wurden die Sekundärdaten der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) erhoben und in einer Langzeitanalyse Defizite bei der Versorgung von Psoriasispatienten analysiert. Die dritte Phase des Projektes soll 2015 abgeschlossen werden. Besorgniserregend war in Phase 1 und 2 der Studie der extreme Einsatz von systemischen Glukokortikoiden. Gemäß der S3-Leitlinie zur Therapie der Psoriasis sind diese nicht indiziert. Systemische Glukokortikoide wurden in dieser Studienreihe häufiger als das leitliniengerechte Systemtherapeutikum Fumarsäureester eingesetzt und sogar häufiger als alle anderen Systemtherapeutika und Biologika zusammen. „In der Zusammenschau sprechen die Daten dieser Studien für eine noch nicht befriedigende Versorgung der Patienten mit Psoriasis vulgaris in Deutschland“, so die Studienautoren. Die Vorstände von DDG und BVDD formulierten folgende Versorgungsziele für 2015:
Das Erreichen der Ziele soll in der PsoHealth3-Studie verifiziert werden. 133 Arztpraxen und dermatologische Kliniken nehmen an der Studie teil. Unter anderem soll geklärt werden, welche Defizite noch bestehen, welchen Stellenwert Biologika und Systemtherapeutika leitliniengerecht besitzen und welche Prädiktoren für die Qualität der Versorgung existieren. Bei der Umsetzung der Versorgungsziele gilt es auch, die deutlich erhöhten Risiken für das Auftreten von Komorbididäten mit einzubeziehen. Nach einer Studie von Augustin, Glaeske et al. weisen Psoriasispatienten ein erhöhtes Risiko für Übergewicht, Diabetes, Hyperlipidämie und Herzerkrankungen auf.
Mehrere Beobachtungsstudien der letzten Jahre zeigen bei Psoriatikern ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Thrombosen. Laut einer Studie von Gelfand et al. ist das Herzinfarktrisiko eines 30-Jährigen mit schwerer Psoriasis gegenüber einem gleichaltrigen Gesunden dreimal so hoch. Die Schwere der Erkrankung korreliert mit der Anzahl der kardialen Ereignisse. Die wichtigsten kardiovaskulären Risikofaktoren wie Diabetes, Bluthochdruck, Hyperlipidämie und Adipositas traten bei Psoriasispatienten signifikant öfter auf als in der Kontrollgruppe.
Nach der Analyse von Gelfand sterben Männer mit schwerer Psoriasis 3,5 Jahre früher, Frauen mit Psoriasis sogar 4,4 Jahre früher. Psoriatiker erkranken häufiger an Lymphomen und bestimmten Karzinomen, außerdem spielen Lifestylefaktoren von Psoriatikern eine Rolle. Kann eine effiziente und in das inflammatorische Geschehen eingreifende Therapie auch die Lebenserwartung beeinflussen? Dieser Frage ging eine Studie von Ahlenhoff et al. vom Gentofte Hospital der Universität Kopenhagen nach. Im dänischen Patientenregister erfassten die Forscher über einen Zweijahreszeitraum insgesamt 2.400 Patienten mit schwerer Psoriasis. Es wurde analysiert, welchen Einfluss Biologika, Methotrexat sowie andere Therapieformen wie Retinoide, Cyclosporin und Phototherapie auf die Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse hatten. Das Risiko für den kombinierten primären Endpunkt „Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall“ ließ sich durch den Einsatz von Biologika (HR 0,28) und Methotrexat (HR 0,65) deutlich senken. Die anderen untersuchten Maßnahmen zur Therapie der Schuppenflechte bieten dagegen keine kardiale Protektion. Die Autoren vermuten, dass die Pharmaka ihre antiinflammatorischen Eigenschaften nicht nur an der Haut, sondern im gestressten Gefäßendothel ausüben.
An der Pathogenese der Psoriasis sind neben Keratinozyten und dendritische Zellen auch spezifische T-Zellen, die entzündungsfördernde Zytokine freisetzen, beteiligt. Botenstoffen wie IL-12 und -23 steigern die Produktion proentzündlicher Faktoren wie TNF-α, IL-17 und IL-22. Diese inflammatorische Kaskade begünstigt die Einwanderung neutrophiler Granulozyten. Diese führen in der Epidermis zu Mikroabszessen. Die Psoriasis wird heute den „immune-mediated inflammatory diseases“ (IMID) zugeordnet. Auch die rheumatoide Arthritis und Morbus Crohn sind in dieser Gruppe lokalisiert.
Auf der Basis systematischer Literaturrecherchen erarbeiteten mehrere Arbeitsgruppen die Evidenz zum Einsatz von Screening-Parametern für die einzelnen Begleiterkrankungen. Mit dem Screening-Tool PASI (Psoriasis Area Severity Index) steht ein Instrument zur Früherkennung von Komorbiditäten bei Patienten mit Psoriasis zur Verfügung.
Adipositas zeigt mehrere Verknüpfungen zur Psoriasis. Übergewicht begünstigt eine Psoriasis. Eine Studie von Naldi et al. belegte, dass eine Verringerung des BMI die Hautbeschwerden verbessern können. In der Studie kam es im Rahmen einer Gewichtsreduktion zu einer Reduktion der Psoriasis-Plaques um die Hälfte. Patienten mit Übergewicht sprechen einerseits nicht so gut auf eine Therapie an, andererseits neigen Adipöse zu verstärkten Nebenwirkungen mit dem zur Psoriasistherapie eingesetzten Methotrexat. In dieser Patientengruppe wird ein Anstieg der Leberenzyme ebenso häufiger beobachtet als eine gesteigerte Fibroserate. Diese Erkenntnis ist nicht neu, wurde bereits im Jahr 2007 von einer schwedischen Arbeitsgruppe nachgewiesen. Die schwedischen Forscher aus Stockholm untersuchten 169 Leberbiopsie-Proben von insgesamt 71 Psoriasis-Patienten, bei denen die Indikation zur Leberbiopsie während einer Methotrexat-Therapie gestellt worden war.
Das Risiko für eine Leberfibrose war bei Patienten mit Risikofaktoren wie Diabetes mellitus oder einem BMI über 25 signifikant erhöht. Bei 96 Prozent der Patienten (25 von 26) mit mindestens einem Risikofaktor kam es zu einer Leberfibrose. Bei ihnen betrug die kumulative Methotrexat-Dosis durchschnittlich 1500 mg. Im Vergleich dazu kam es nur bei 58 Prozent (26 von 45) der Psoriasispatienten, die nicht zusätzlich an Diabetes erkrankt und normalgewichtig waren, zu einem fibrotischen Leberumbau. Fast die Hälfte der Patienten mit schwerer oder mittelschwerer Psoriasis haben einen Body Mass Index über 30. Das metabolische Syndrom kommt bei Psoriasispatienten sechsmal häufiger vor als bei Patienten einer nicht erkrankten Kontrollgruppe. Therapieerschwerend kommt hinzu, dass in der Psoriasistherapie eingesetzte Pharmaka wie Methotrexat sowie Ciclorsporin, aber auch die Begleittherapeutika wie Statine, zu zahlreichen Interaktionen neigen. In der S3-Leitlinie Psoriasis sind diese tabellarisch erfasst und sollten bei der Therapie Berücksichtigung finden.