Die Wechselwirkung zwischen Hodentumorzellen und umliegenden Zellen des Immunsystems oder Bindegewebes beeinflussen die Resistenz-Entwicklung der Tumorzellen. Das zeigen Düsseldorfer Forscher.
Das Forscherteam um Prof. Daniel Nettersheim hat diese Interaktion zwischen Keimzelltumor-Zellen und Mikromilieu-Komponenten in einem 3D-Modellsystem detailliert analysiert, um neue therapeutische Zielmoleküle und Signalkaskaden zu identifizieren sowie die molekulare Kommunikation dieser Tumor-Mikromilieu-Interaktion zu verstehen. Die Studie ist in Molecular Oncology erschienen.
Testikuläre Keimzelltumoren treten bei jungen Männern im Alter von 15–45 Jahren auf. Insbesondere in westlichen Ländern steigt die Anzahl der Neuerkrankungen stetig – hier werden Umwelteinflüsse, wie zum Beispiel die Exposition gegenüber Chemikalien, die hormonähnlich wirken, als Ursache vermutet. Im klinischen Alltag werden diese Patienten in der Regel mit der chirurgischen Entfernung des Hodens und einer Cisplatin-basierten Chemotherapie behandelt.
Obwohl die Heilungschancen durch die Chemotherapie sehr vielversprechend sind, erleiden bis zu 15 % der Patienten einen Rückfall aufgrund einer Therapie-Resistenzentwicklung, welche mit einer verminderten Überlebenswahrscheinlichkeit assoziiert ist. Die genauen molekularen Ursachen, die zu der Entstehung einer Cisplatin-Resistenz führen können, sind jedoch trotz der fast 50-jährigen Erfahrung in der Klinik weiterhin nur unzureichend aufgeklärt.
Fluoreszenzaufnahme der Interaktion von Keimzelltumor-Zellen (grün) und Endothelzellen (rot) in einem 3D-Kultursystem (Zellkerne blau). Die linke Hälfte zeigt die einzelnen Zellpopulationen, die rechte Seite deren Interaktion.
Die Sensitivität von Tumorzellen gegenüber der Chemotherapie kann durch die den Tumor umliegenden Immun- oder Bindegewebszellen (z. B. Fibroblasten) beeinflusst werden. Diese werden dem Tumor-Mikromilieu zugeordnet. Aufgrund des direkten Austauschs von Signalproteinen und Wachstumsfaktoren können somit die Zellen des Mikromilieus die Cisplatin-Sensitivität der Tumorzellen negativ beeinflussen.
Vereinfachte Zusammenfassung des Aufbaus der Studie. Veränderungen im Transkriptom wurden nach 3D-Co-Kultur untersucht. Das Sekretom der Zellpopulationen wurde mittels Massenspektrometrie vermessen.
Basierend auf massenspektrometrischen Messungen ist die Gesamtheit der sekretierten Faktoren der Tumor- und Mikromilieu-Zellen, das Sekretom, erfasst worden. Außerdem untersuchten die Forscher die Veränderungen im Transkriptom nach direkten Zell-Zell-Kontakt in einem 3D-Kultursystem. Darin zeigten sie, dass insbesondere die Interaktion von Keimzelltumor-Zellen mit Fibroblasten oder Endothelzellen, die Sensitivität gegenüber Cisplatin reduziert.
So wurden entsprechende Signalwegsmoleküle, die in der Resistenzentwicklung eine Rolle spielen könnten, identifiziert. Zudem wiesen sie nach, dass Bestandteile der extrazellulären Matrix, wie Kollagene und Fibronektine, die Cisplatin-Sensitivität in den Tumorzellen vermindert, während tumorfördernde Eigenschaften, wie Migration und Adhäsion, verstärkt wurden.
„Die Ergebnisse dieser Studie verdeutlichen den starken Einfluss des Mikromilieus auf die Keimzelltumoren sowie den Therapieerfolg und zeigen, dass diese Tumor-Mikromilieu-Interaktion in weiteren Forschungsprojekten adressiert werden muss“, fasst Nettersheim die Studienergebnisse zusammen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Wilhelm Sander-Stiftung. Die Originalpublikation finden Sie hier sowie im Text verlinkt.
Bildquelle: National Cancer Institute, unsplash